BILL-Aktienanalyse: Die perfekte Wachstumsaktie?

07.03.2023 | Frank Seehawer

BILL Aktienanalyse

Die BILL-Aktie (ISIN: US0900431000) hat in den letzten Jahren erhebliche Aufmerksamkeit von Investoren auf sich gezogen. Für BILL interessieren sich insbesondere solche Anleger, die Technologieunternehmen im Bereich der Finanzautomatisierung und der digitalen Transformation von Geschäftsprozessen beobachten.

Das amerikanische Unternehmen, BILL, hat sich in kurzer Zeit eine führende Position im Markt für cloudbasierte Backoffice-Softwarelösungen für kleine und mittelständische Unternehmen aufgebaut und konnte in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wachstum verzeichnen – vor allem durch externe Übernahmen. Dennoch überzeugt die Aktie in einigen wichtigen Punkten wie zum Beispiel der Net Retention Rate oder dem Free Cashflow.

Der Aktienkurs ist – wie bei vielen Wachstumsunternehmen – zuletzt stark rückläufig gewesen. Über ein Jahr gesehen steht ein Minus von 58 Prozent an der Kurstafel.

BILL Aktienkurs

Quelle: BILL Aktienkurs

Die Bewertung ist immer noch nicht optimal. Dennoch könnte sie für Anleger interessant sein, die von einem Unternehmen profitieren möchten, das eine starke Wachstumsdynamik aufweist und von einem langfristigen Trend in Richtung Automatisierung von Geschäftsprozessen profitiert.

Die nachfolgende BILL-Aktienanalyse soll das Geschäftsmodell näher beschreiben und beurteilen, ob die Aktie aktuell ein Kauf sein kann.

Das Wichtigste in Kürze
  • BILL ist ein stark wachsender Cloudanbieter für Backoffice-Softwarelösungen
  • Das Wachstum ist durch externe Übernahmen verzerrt
  • Auch wenn die Bewertung niedrig erscheint, so gibt es Risiken

Unternehmensprofil – Cloudbasierter Abrechnungsdienstleister

BILL ist ein im Jahr 2018 gegründetes US-amerikanisches Unternehmen, das eine Cloud-basierte Plattform für die Automatisierung von Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung anbietet. Das Unternehmen bietet seine Dienstleistungen hauptsächlich kleinen und mittelständischen Unternehmen an, um ihre Finanzprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Die Plattform des in San José ansässigen Unternehmens nutzt dabei ein Abonnementmodell, bei dem Kunden eine monatliche oder jährliche Gebühr für den Zugang zu ihren Dienstleistungen zahlen. Zu den wichtigsten Funktionen der Plattform gehören die Automatisierung der Rechnungsstellung, die Genehmigung von Rechnungen, die Überprüfung der Kontoinformationen, die Integration von Buchhaltungssoftware und die Möglichkeit, Zahlungen per Überweisung oder Scheck zu senden und zu empfangen. Die Plattform ist auch mit verschiedenen Banken und Zahlungsdienstleistern verbunden, um den Kunden eine nahtlose Zahlungsabwicklung zu ermöglichen.

BILL erwirtschaftet auch Einnahmen durch den Verkauf von zusätzlichen Dienstleistungen wie der Einrichtung von Zahlungsworkflows, der Einbindung von Lieferanten und der Bereitstellung von analytischen Tools zur Überwachung von Finanzleistungen.

Bill Unternehmenspräsentation

Quelle: Bill Unternehmenspräsentation

Um sein eigenes Ökosystem zu erweitern, tritt BILL dabei zusehends als Käufer von anderen Unternehmen auf. So wurden in den letzten Jahren mit Invoice2Go, Divvy und Finnmark gleich drei Unternehmen erworben. Als Akquisitionswährung wurden auch eigene Aktien genutzt.


Die letzten BILL-Quartalszahlen vom Dezember 2022

Die letzten Quartalszahlen des Fintechs BILL sahen recht gut aus. So verzeichnete das Unternehmen im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2022 (Stichtag: 31.12.22) ein Umsatzwachstum von 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 260 Millionen US-Dollar. Gleichzeitig wurde ein Verlust von rund 95 Millionen US-Dollar ausgewiesen. Er stieg im Vergleich zu den 80 Millionen US-Dollar des Vorjahres nochmal an. Non-GAAP wurde hingegen ein Gewinn von fast 50 Millionen US-Dollar erreicht.

Finanzdaten von BILL

Quelle: Finanzdaten von BILL

Mehr als 400.000 Kunden nutzen mittlerweile die Softwarelösungen von BILL, wobei die Net Retention Rate bei über 130 Prozent liegt. Die Kunden kaufen also immer mehr Produkte von BILL.


BILL-Aktie Prognose 2023

Für das Folgequartal Q3/2023 wird ein weiterer Umsatzanstieg zwischen 47 und 49 Prozent erwartet. Die Viertelmilliarde Quartalsumsatz ist somit nicht mehr weit.

Auf bereinigter Ebene (Non-GAAP) soll dabei ein positives Nettoergebnis zwischen 26,5 und 29,5 Millionen US-Dollar erreicht werden. Das zugehörige bereinigte EPS (Gewinn je Aktie) soll zwischen 0,22 und 0,25 US-Dollar liegen.

BILL Q2-Pressemitteilung

Quelle: BILL Q2-Pressemitteilung

Für das Gesamtjahr 2023 ist es gut möglich, dass die Umsatzmilliarde erstmals geknackt wird. Das Umsatzwachstum würde sich damit zwischen 56 und 57 Prozent bewegen. Non-GAAP soll ein Überschuss zwischen 117,5 und 125,5 Millionen US-Dollar stehen, was einem EPS in einer Spanne von 0,99 bis 1,05 US-Dollar bedeuten würde.


Wichtige Kennzahlen der BILL-Aktie aus der HGI-Analyse

Wichtige Kennzahlen der HGI-Analyse sind einige. Schließlich erreicht die BILL-Aktie 15 von 18 möglichen Punkten.

HGI-Score von BILL

Quelle: HGI-Score von BILL

Vorzuheben sind dabei das starke Umsatzwachstum der letzten zwölf Monate von über 100 Prozent, der geringe Verschuldungsgrad und der Preis für das gebotene Wachstum, welches sich mit dem PEG-Ratio darstellen lässt. Gemessen an Umsatzmultiplikator EV/Sales gab es hingegen nur zwei von drei möglichen Punkten.

Ein weiteres Highlight der BILL-Aktie ist der hohe Score bei der Rule-of-40. Er liegt mit 177 Prozent deutlich über dem Maß von 50 Prozent, ab dem es die volle Punktzahl gibt. Der hohe Wert zeigt letztendlich, dass das Unternehmen auf Ebene des Free Cashflows profitabel wächst – und das mit sehr hohen Raten.


Bewertung der BILL-Aktie

Die Bewertung der BILL Holding ist gemessen am erwarteten Umsatzmultiplikator von 9,5 nur bedingt hoch für ein Unternehmen, das zuletzt mit über 60 Prozent wuchs. Blickt man auf die Free Cashflows von rund 77 Millionen US-Dollar, die in den letzten zwölf Monaten eingenommen wurden, so lässt sich diesbezüglich ein Multiplikator von über 100 errechnen, was sehr hoch ist, sich jedoch langfristig mit einem starken Wachstum rechtfertigen kann. Das KGV selbst ist aufgrund von Verlusten derzeit nicht positiv.

Kennzahlen zur Bewertung von BILL

Quelle: Kennzahlen zur Bewertung von BILL

Bedenkt man weiter, dass das Wachstum auch durch Akquisitionen verzerrt ist, so erhält das Preisschild einen kleinen Beigeschmack. Die immateriellen Vermögensgegenstände machen 30 Prozent der Bilanzsumme und 68 Prozent des Eigenkapitals aus.


Fazit zur BILL-Aktie

Die BILL-Aktie ist aufgrund des starken Wachstums im Bereich der Finanzautomatisierungssoftware für kleine und mittlere Unternehmen interessant und deckt damit eine klare Nische ab. Diese wird jedoch auch von finanzkräftigen Unternehmen wie PayPal oder Block bedient.

Dem Wachstum schadet die Konkurrenz nicht. So konnte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2023 ein starkes Umsatzwachstum von 66 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Die Kundenzahl stieg dabei auf 435.800. BILL konnte somit Rekordzahlen vermelden.

Darüber hinaus hat das Unternehmen kürzlich mit Finmark ein Unternehmen mit Cashflow-Software für die Finanzplanung erworben. Ein Aktienrückkaufprogramm im Wert von bis zu 300 Millionen US-Dollar wurde angekündigt und soll dem gebeutelten Aktienkurs ein wenig auf die Sprünge helfen. Dies ist erfreulich, da sich die Anzahl ausstehender Aktien seit dem IPO um circa 50 Prozent erhöht hat:

Bill Aktie Anzahl ausstehender Aktien

Quelle: Bill Aktie Anzahl ausstehender Aktien

Ob das auch tatsächlich klappt, bleibt abzuwarten. Schließlich herrscht am Finanzmarkt eine tiefe Vertrauenskrise gegenüber stark wachsenden Technologieunternehmen. Das weiterhin steigende Zinsniveau drückt zudem auf die Bewertung hoch bewerteter Wachstumsunternehmen, die Verluste ausweisen.

Nicht zu vergessen bleibt, dass das Wachstum von BILL stark durch die Übernahmen verzerrt ist. Auch wenn das Unternehmen für das Gesamtjahr 2023 noch mit einem Wachstum oberhalb der 50-Prozent-Marke rechnet, so könnte es mittelfristig ohne weitere Akquisitionen schwächer ausfallen.

Der Markt, in dem das Unternehmen tätig ist, erscheint demgegenüber vielversprechend. Auch überzeugen die operativen Kennzahlen. So liegt beispielsweise die Retention Rate deutlich oberhalb der Marke von 100 Prozent, was für die eigenen Produkte spricht.

Als ein führender Anbieter von Finanzautomatisierungssoftware für KMUs besitzt BILL eine spannende Positionierung, keine Frage. Das Unternehmen hat hier eine starke Marktposition aufgebaut und dürfte gut positioniert sein, um von der zunehmenden Nachfrage nach Automatisierungs- und Digitalisierungslösungen im Backoffice zu profitieren.

Zu den Wachstumstreibern des Unternehmens gehören die Erweiterung des Angebots an Automatisierungslösungen, die Expansion in neue Märkte und Länder sowie die zunehmende Akzeptanz von Finanzautomatisierungslösungen bei KMUs.

Hierbei handelt es sich nicht um eine Nische. Das Marktvolumen schätzt BILL auf 66 Milliarden US-Dollar im Heimatmarkt und knapp 240 Milliarden US-Dollar weltweit. Zusätzlich sehen sie ein großes Potenzial im Markt für B2B-Payments.

Bill-Aktie Analystenmeinungen

Quelle: Bill-Aktie Analystenmeinungen

Insofern gibt es einige Gründe, die für die Aktie sprechen. Jedoch gibt es auch zahlreiche, die dagegen sprechen. In unseren Analysen ist die HGI-Strategie die einzige, die die BILL-Aktie als Topscorer führt. Analysten sind deutlich optimistischer. Von 26 Analysten raten 20 aktuell zu einem Kauf, während 6 ein Halten der Aktie empfehlen.

Wer sich noch nicht ganz schlüssig ist, der kann sich erstmal einen Alarm setzen, um sich dann die Aktie später anzuschauen. Hier könnte sich beispielsweise ein EV/Sales Ratio von 8 lohnen oder ein Levermann-Score von 4.


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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von BILL besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.