Nvidia-Aktienanalyse: Ausgebremster Aktien-Liebling

22.12.2022 | Frank Seehawer

Nvidia Aktienanalyse

Die Nvidia-Aktie (ISIN: US67066G1040) gehörte in den letzten Jahren definitiv zu den Lieblingen der Investoren. Das konnte man vor allem an dem stark gestiegenen Aktienkurs erkennen – von einem Niveau bei rund 30 US-Dollar im Jahr 2019 stieg die Aktie bis Ende 2021 auf rund 330 US-Dollar.

Auch viele Mitglieder von aktien.guide schätzen die Nvidia-Aktie. Sie befindet sich auf dem ersten Platz der beliebtesten Aktien der Community. Heute möchten wir uns mit einem Quick-Check mit der Nvidia-Aktie beschäftigen.

Nvidia Aktienkurs

Quelle: Nvidia Aktienkurs

Wie die letzten Quartalszahlen ausgefallen sind, warum die Aktie so stark gefallen sein könnte und ob es sich lohnt, in die Nvidia-Aktie zu investieren, das alles soll der nachfolgende Quick-Check behandeln.


Geschäftsmodell: Was macht Nvidia?

Nvidia ist der führende Hersteller von Grafikprozessoren. Hierbei handelt es sich um ultraschnelle Rechenprozessoren, die vor allem beim Gaming zur Anwendung kommen oder bei Anwendungen mit einem hohen Rechenbedarf. Vor allem die Technologietrends “Mining digitaler Währungen”, “autonomes Fahren” oder “Künstliche Intelligenz” sorgen für eine zunehmende Nachfrage nach Rechenchips des amerikanischen Marktführers.

Nvidia Market Platforms at a Glance

Quelle: Nvidia Market Platforms at a Glance

Das Unternehmen ist dabei in den Bereichen Gaming, Data Center, Professionell Visualization sowie Automotive tätig.

Hauptgeschäft ist nach wie vor der Bereich Gaming mit einem Umsatzanteil von 46 Prozent im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022 (Geschäftsjahresende: Januar 2022).

Direkt darauf folgt das Geschäft mit den Rechenzentren (Data Center), welches mit einem Umsatzanteil von 40 Prozent im Geschäftsjahr 2022 ähnlich stark aufgestellt ist. Es war zudem der Bereich mit dem höchsten 5-Jahreswachstum von 66 Prozent. Die Gaming-Sparte kam dagegen auf einen durchschnittlichen Umsatzanstieg von 25 Prozent.

Ähnlich stark wächst auch die relativ kleine Sparte Professional Visualization mit einem durchschnittlichen Umsatzanstieg in den letzten fünf Jahren von 20 Prozent.

Ein Schattendasein fristet noch der Automotive-Bereich. Hier tritt Nvidia zusehends als ein Partner der führenden Automobilkonzerne auf. Aktuell hat dieses Geschäftsfeld noch keine signifikante Größe erreicht. Auch fällt das Wachstum relativ gering aus. Das könnte sich angesichts der abgeschlossenen Kooperationen mit Automobilherstellern wie Mercedes sowie der Entwicklung des Marktes für autonomes Fahren in der Zukunft möglicherweise ändern. Nvidia ist in ihm ein dominierender Hardwareanbieter.


Die letzten Nvidia-Quartalszahlen Oktober 2022

Die letzten Quartalszahlen von Nvidia kann man angesichts der Wachstumsambitionen als herbe Enttäuschung interpretieren. So sank der Umsatz um 17 Prozent auf 5,9 Milliarden US-Dollar. Das operative Ergebnis (EBIT einfach erklärt) lag um 73 Prozent unterhalb des Wertes Vorjahres.

Finanzdaten von Nvidia

Quelle: Finanzdaten von Nvidia

Im Vergleich zu den hohen Wachstumsraten des letzten Geschäftsjahres, welche sich mit einem Umsatzwachstum von 61 Prozent charakterisieren lassen, sowie einem Anstieg des Ergebnisses von 131 Prozent, dürften Investoren aktuell wenig erfreut sein.

In der Tat kann man an dem Aktienkurs die herbe Enttäuschung der Investoren ablesen. Er sank im laufenden Jahr um 42 Prozent. Darin inbegriffen ist jedoch eine stärkere Erholung ab Mitte Oktober 2022. Im Tief konnte man die Aktie für rund 112 US-Dollar kaufen.

Gründe für die schlechte operative Entwicklung gibt es einige:

  • So hat sich beispielsweise der Chip-Mangel an den Weltmärkten aufgelöst.
  • Gleichzeitig erkennt man eine Rückkehr zur typischen Zyklik des Halbleitermarktes, der sich auch ein Grafikprozessor-Hersteller wie Nvidia nicht entziehen kann. Schließlich findet man seine Prozessoren häufig in konjunktursensiblen Produkten wieder.

Ein Blick in die Segmentberichterstattung verrät, dass die Bereiche Gaming und Professional Visualization für den Umsatzrückgang verantwortlich waren. Die Sparte Data Center konnte den Umsatz um 31 Prozent steigern, der Automotive-Bereich legte sogar um 86 Prozent zu.


Nvidia-Aktie Prognose 2022

Beim Ausblick für das vierte Quartal 2023 erwartet Nvidia einen Umsatz von rund sechs Milliarden US-Dollar plus oder minus 2 Prozent. Im Vergleich zu den 7,6 Milliarden US-Dollar des Vorjahres entspricht dies einem immer noch deutlichen Umsatzrückgang von rund 27 Prozent. Die Umsatzdynamik würde sich damit weiterhin verschlechtern.

Verschlechtern wird sich auch aller Voraussicht nach die Gross Margin (Bruttomarge einfach erklärt). Hier rechnet das Management mit einer Marge von 63,2 Prozent, was weniger ist als die 65,4 Prozent des Vorjahres. Die hohe Kosteninflation hinterlässt sichtbare Spuren.

Auf einem deutlich erhöhten Niveau bewegen sich zudem die operativen Ausgaben. Für das vierte Quartal 2023 wird ein Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Im letzten Jahr betrug er gerade einmal 1,5 Milliarden US-Dollar. Entsprechend niedriger sollten die Ergebniskennzahlen für das vierte Quartal 2023 ausfallen.

Die Prognose sieht somit alles andere als rosig aus. Ab wann man von einer Besserung rausgehen kann, das vermag aus heutiger Sicht niemand wirklich prognostizieren. Schaut man auf die Prognosen der Analysten, so könnte im laufenden Jahr ein Umsatz auf dem Niveau des Vorjahres möglich sein. Im Folgejahr 2024 sollte dann – gemäß Analysten – mit einem Jahresumsatz von fast 29 Milliarden US-Dollar wieder ein deutlicher Umsatzsprung möglich sein. Ob es dazu tatsächlich kommt, bleibt aus heutiger Sicht natürlich ungewiss.


Wie attraktiv ist die Nvidia-Aktie?

Als Marktführer im Bereich von Grafikprozessoren hat sich Nvidia eine außerordentlich gute Vormachtstellung erarbeitet. Gleichzeitig tun sich immer mehr Technologiefelder auf, von denen das Unternehmen profitiert. Das Mining digitaler Währungen, das autonome Fahren oder die Künstliche Intelligenz sind bereits drei große Felder, die enorm viel Rechenkapazität benötigen.

Die letzten Quartalszahlen zeigen aktuell weniger das Potenzial auf als vielmehr die Risiken aufgrund der Zyklik des Halbleitersektors. In konjunkturellen Aufschwungphasen sollte Nvidia jedoch deutlicher profitieren.

Kennzahlen der Nvidia-Aktie

Quelle: Kennzahlen der Nvidia-Aktie

Gemessen an der aktuellen Bewertung, welche sich mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV einfach erklärt) von fast 100 beschreiben lässt, ist das Unternehmen angesichts einer bereits heute schon vorhandenen hohen Profitabilität extrem hoch bepreist. Auch der Umsatzmultiplikator von 14 deutet darauf hin (KUV einfach erklärt). Hier wird schon jede Menge Zukunftspotenzial vorweggenommen, die rückläufigen Umsätze und Gewinne werden teilweise ignoriert.

Nvidia-Aktie Analystenmeinungen

Quelle: Nvidia-Aktie Analystenmeinungen

Analysten sehen die Aktie dennoch positiv. So raten 30 von 44 Analysten zu einem Kauf, 12 kommen zu einem Halten-Urteil. Lediglich zwei Analysten raten zum Verkauf.

In den Strategieanalysen auf aktien.guide erreicht die Nvidia-Aktie bei keiner Strategie keinen Topscorer-Status, was ebenfalls nicht für einen Kauf spricht. Wer sich dieser Meinung anschließen möchte, der könnte sich einen Alarm stellen, um sich die Aktie genauer anzuschauen. Es würde sich beispielsweise ein Levermann-Score von 4 eignen oder ein Umsatzmultiplikator von 10.


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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Nvidia besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.


Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.