Stillfront Aktie: Starkes Wachstum mit Gaming

24.08.2020 | Frank Seehawer

Analyse der Stillfront Aktie - Mobile Gaming


Aktien von Gaming-Anbietern haben Konjunktur. Das merkt man besonders, wenn man sich die langfristigen Aktiencharts etablierter Spieleproduzenten wie zum Beispiel Activision Blizzard, Electronic Arts oder Tencent anschaut.

Auch in Europa gibt es einen Herausforderer, der in diesem Wachstumsmarkt mitmischen möchte und die Milliardenbewertung bereits überschritten hat. Die Rede ist von Stillfront (ISIN: SE0007704788), einem schwedischen Gaming-Produzenten.

Die Aktie zeichnet sich durch ein starkes anorganisches Wachstum bei einer guten Finanzlage aus. Auch überzeugen die Profitabilität sowie der starke Cashflow. Rechnet man jedoch das Wachstum durch Akquisition heraus, so könnte man die Aktie als teuer interpretieren. Ob sie aber dennoch gemäß den Kriterien der High-Growth-Investing-Strategie ein Kauf sein kann, das wollen wir mit der folgenden Analyse abwägen.


Unternehmensprofil – Produzent von Computerspielen

Stillfront ist ein schwedischer Konzern, der sich auf die Erstellung und Vermarktung von free-to-play Computerspielen fokussiert. Hierbei handelt es sich um ein Geschäft, bei dem die Basis-Spielinhalte meist kostenlos sind. Verdient wird dann mit Werbung sowie kostenpflichtigen Zusatzangeboten.

Die Wachstumsstrategie von Stillfront ist ein Mix aus einem organischen Wachstum sowie sorgsam ausgewählter Akquisitionen.

Insgesamt gehören 14 Produktionsstudios zu dem Konzern, der sich größtenteils auf die Produktion von Simulations- und Actionspiele konzentriert. Zusätzlich ergänzen Strategiespiele sowie Casual- und Mash-up Games das mittlerweile aus 38 Spielen bestehende Produktportfolio. Zwei Drittel der Spiele werden mobil gespielt; fast die Hälfte der Umsätze stammen aus Nordamerika.

Die Spiele zeichnen sich durch eine hohe Relevanz für die Nutzer aus, denn die Anzahl der monatlich aktiven Nutzer (Monthly Active User – MAU) beläuft sich zum Ende des zweiten Quartals 2020 auf 23 Millionen. Täglich nutzen fünf Millionen User (Daily Active User – DAU) die Spiele von Stillfront.

Die gute Nutzung der Spiele macht sich auch in den Finanzzahlen bemerkbar. So erzielte der schwedische Spieleentwickler im Geschäftsjahr 2019 Umsatzerlöse in Höhe von 1,97 Milliarden Schwedische Kronen. Gegenüber dem Vorjahreswert von 1,33 Milliarden Schwedische Kronen entsprach dies einem Wachstum von 48 Prozent.

Überproportional erhöhte sich das bereinigte EBIT. Es erreichte im Geschäftsjahr 2019 einen Wert von 645 Millionen Schwedische Kronen – 63 Prozent mehr als im Vorjahr 2018. Die entsprechende EBIT-Marge betrug 33 Prozent.


Die letzten Quartalszahlen und der Ausblick

Einen starken Einfluss auf das hohe Wachstum hatten die über die letzten zwölf Monate erworbenen Gaming Studios Kixeye, Storm8 sowie Candywriter.

Akquisitionsbedingt zogen die Umsatzerlöse daher mit 148 Prozent im zweiten Quartal 2020 stark an. Sie erhöhten sich von 480 Millionen Schwedische Kronen auf 1,2 Milliarden Schwedische Kronen.

Wieder überproportional stieg das bereinigte EBIT. Es erhöhte sich von 167 Millionen Schwedische Kronen im zweiten Quartal 2019 um 170 Prozent auf aktuell 463 Millionen Schwedische Kronen. Die bereinigte EBIT-Marge erreicht damit einen Wert von 39 Prozent.


Covid-19 sorgt für Nachfrage nach Gaming-Aktivitäten

Die Covid-19 Krise scheint auf Stillfront einen positiven Einfluss zu haben, denn das Management konnte ab Ende März 2020 eine beschleunigte Gaming-Aktivität verzeichnen. Erklären kann man diese mit den getroffenen Maßnahmen der Regierungen gegen die Ausbreitung des Coronavirus. In Zeiten, in denen die Menschen mehr zu Hause sind und auch sozial distanziert leben, sind Gaming und digitales Entertainment eben gute Möglichkeiten zur Überbrückung.

Aber auch ohne die Beschleunigungseffekte durch Covid-19 befindet sich die Gaming-Industrie schon seit längerem auf einem Wachstumspfad. So erwartet das Analysehaus Newzoo für den Gaming-Markt im Jahr 2020 ein Marktwachstum von 9,3 Prozent auf 159 Milliarden US-Dollar. Bis 2023 soll der Markt dann gemäß den Berechnungen von Newzoo auf über 200 Milliarden US-Dollar steigen, was einem jährlichen Wachstum von 8,3 Prozent entspricht.


Erwartetes Wachstum von Stillfront

Die durchschnittlichen Analystenschätzungen bezüglich des Umsatzes im laufenden Jahr 2020 belaufen sich auf 4,2 Milliarden Schwedische Kronen. Im Folgejahr 2021 sollen diese auf 5,1 Milliarden Schwedische Kronen ansteigen, so zeigen es Daten von S&P Global Market Intelligence.

Das erwartete Umsatzwachstum würde sich damit im aktuellen Jahr auf 114,7 Prozent belaufen und im Folgejahr auf 21,4 Prozent.

Analyse der Stillfront Aktie - Gewinnwachstum

Beim Gewinnwachstum wird gemäß den Analystenschätzungen, die der aktien.guide nutzt, ein Ergebnis je Aktie von 30,01 Schwedische Kronen für 2020 erwartet. Im Jahr 2021 soll sich das Ergebnis je Aktie dann auf 36,91 Schwedische Kronen erhöhen, was einem erwarteten Ergebniswachstum von 23 Prozent entspricht. Das erwartete Gewinnwachstum für 2020 beläuft sich – gemessen an dem 2019er Ergebnis je Aktie von 13,41 Schwedische Kronen – auf 123,8 Prozent.


Aktienkursentwicklung und wichtige Kennzahlen aus der High-Growth-Investing-Analyse

Analyse der Stillfront Aktie - Aktienkursentwicklung

Wichtige Kennzahlen aus der High-Growth-Investing-Analyse sind das Umsatzwachstum sowie der Verschuldungsgrad. Aber auch bei dem Score der Rule-of-40 sowie der PEG-Ratio gab es viele Punkte. Für alle vier Kennzahlen gab es die maximale Höchstpunktzahl in der HGI-Analyse.

Das Umsatzwachstum von 86,9 Prozent (TTM) ist zwar gut, jedoch nicht ausschließlich auf ein organisches Wachstum zurückzuführen. Mittelfristig könnte dieser Wert auf 20 Prozent fallen – ein Wert, für den es in der High-Growth-Investing-Analyse maximal einen Punkt geben würde.

Entsprechend verzerrt sind auch die Kennzahlen PEG-Ratio und Rule-of-40. Bei der letzteren Kennzahl könnte man mittelfristig bei einem erwarteten Umsatzwachstum von etwas über 20 Prozent und einer stabilen Free-Cashflow-Marge nur noch einen Punkt erwarten. Auch das PEG-Ratio könnte mittelfristig deutlich steigen, was zu einer sinkenden Punktzahl führt. Im günstigen Fall würde es hier mittelfristig nur noch einen Punkt geben.

Sollte sich die Verschuldungs- und Ertragslage des Gaming-Konzerns nicht verändern, so könnte der aktuelle HGI-Score – aufgrund des Wegfalls von Akquisitionseffekten – mittelfristig von 13 auf 7 fallen.

Analyse der Stillfront Aktie - Kennzahlen der HGI-Analyse


Bewertung

Ein Blick auf die Bewertung zeigt, dass Stillfront mit einem aktuellen KGV von 30 bei einem erwarteten Gewinnwachstum von 23 Prozent teurer sein könnte. Dies wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass das Wachstum zu großen Teilen auf Akquisitionen zurückzuführen ist.

Analyse der Stillfront Aktie - KGV aktuell

Gemessen an dem Free Cashflow in Relation zum Enterprise Value ergibt sich ein Multiplikator von über 44. Das ist ein Wert, der nochmals über dem des aktuellen KGVs liegt.

Analyse der Stillfront Aktie - Unternehmenskennzahlen


Fazit

Der Gaming-Markt ist ein Wachstumsmarkt, gar keine Frage. Dass man mit solchen Aktien Geld verdienen kann, haben Unternehmen wie Activision Blizzard oder Electronic Arts bereits gezeigt. Aber auch Konzerne wie Zynga oder Tencent verdeutlichen das Potenzial von Gaming-Aktien.

Mit Stillfront gibt es nun einen größeren europäischen Herausforderer, der mit einer Marktkapitalisierung von umgerechnet 3,5 Milliarden US-Dollar gegen die Branchenriesen antritt.

Zu bedenken ist aber, dass das Entwickeln und Vermarkten von Spielen nicht einfach ist und der Erfolg von einer besonderen Dynamik abhängt. Zwar kann man heute über die App-Stores relativ schnell viele Menschen erreichen, diese jedoch auch sehr schnell wieder verlieren. Ein Beispiel eines kometenhaften Aufstiegs könnte man mit Pokémon Go nennen.

Kurz nach Veröffentlichung von Pokémon Go im Jahr 2016 erreichte das Handyspiel Rekord-Downloads. Bis zum Ende 2018 wurde es über eine Milliarde Mal heruntergeladen. Auch der finanzielle Erfolg war gigantisch.

Eine solche Erfolgsgeschichte hat aber auch seine Nachteile, denn es existieren keine vertraglichen Abhängigkeiten zu den Nutzern. Gibt es ein neues Trendspiel, so könnten die Nutzer relativ schnell das Interesse verlieren und abwandern.

Auch wenn es hierfür bei Stillfront keine Anzeichen gibt und die Zeichen voll auf Wachstum stehen, so sollte man gut abwägen, welchen Preis man für dieses Chancen-Risiko-Verhältnis zahlt.

Gemäß den Kriterien der HGI-Strategie könnte die Aktie bei Wegfallen der Akquisitionseffekte mit einem deutlich schlechteren Score dastehen. Für ein Investment wäre die Stillfront Aktie daher als High-Growth-Investment aktuell nicht geeignet. Man sollte sie jedoch als Wachstumsinvestor im Blick behalten.


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Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.