BP-Aktienanalyse: Günstiger Ölgigant mit Übergewinn

24.01.2023 | Frank Seehawer

BP Aktienanalyse

Die Öl- und Gasbranche konnte – dank hoher Preise für ihre geförderten Rohstoffe – ein außerordentlich gutes Jahr 2022 schreiben. So auch der britische Mineralölkonzern BP (ISIN der BP-Aktie: GB0007980591), der sich als drittgrößter Öl- und Gasförderer aus Europa positioniert.

Das Unternehmen gilt als ein verlässlicher Dividendenzahler – auch wenn die Dividendenzahlungen in den letzten Jahrzehnten stärkeren Schwankungen unterlagen. Das aktuelle Momentum spricht für die Aktie. Genauso die Bewertung, die nicht außerordentlich hoch ist.

BP Aktienkurs

Quelle: BP Aktienkurs

Weniger überzeugend ist die aktuelle Dividendenrendite. Sie dürfte langfristig jedoch ansteigen, denn von den aktuellen vereinnahmten Extra-Gewinnen wird traditionell viel an die Aktionäre zurückgegeben.

Ob die BP-Aktie ein lohnenswertes Investment sein könnte, das soll die nachfolgende BP-Aktienanalyse ausführlicher behandeln.

Das Wichtigste in Kürze
  • BP gehört zu den sechs größten Oil-Majors weltweit
  • Das Unternehmen profitiert aktuell stark von hohen Öl- und Gaspreisen
  • Dennoch bleibt ein Beigeschmack an der Aktie haften

Unternehmensprofil – Britischer Oil Major

Der britische Mineralölkonzern BP gehört mit einer Marktkapitalisierung von aktuell knapp 100 Milliarden Euro zu den führenden Öl-Majors weltweit. Um genau zu sein, ist es hinter Saudi Aramco, Exxon Mobil, Chevron, Shell und Total Energies der siebtgrößte Ölkonzern der Welt. In Europa ist BP direkt hinter Shell und Total Energies der drittgrößte Player.

Öl Aktien im Vergleich

Quelle: Öl Aktien im Vergleich

Die Größe des Unternehmens lässt sich auch in Zahlen beschreiben. So wurde im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr 2021 ein Gesamtumsatz von 157,7 Milliarden US-Dollar erreicht bei einem operativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 18,1 Milliarden US-Dollar.

BP Annual Report 2021

Quelle: BP Annual Report 2021

Das Geschäftsmodell eines Oil-Majors besteht darin, fossile Rohstoffe wie Öl- oder Gas zu fördern (Upstream), zu transportieren und lagern (Mid-Stream) und zu höherwertigen Produkten wie Benzin, Diesel, Heizöl, Kerosin oder Asphalt zu verarbeiten (Downstream).

BP selbst differenziert in seiner Segmentberichterstattung zwischen den drei folgenden Geschäftsfeldern:

  • Gas & Low Carbon Energy,
  • Oil Production & Operations
  • Customers & Products.

Zusätzlich werden mit Rosneft noch die russischen Aktivitäten erfasst.

Der größte Umsatz wird im Bereich Customers & Products generiert, welches die Endprodukte an die Konsumenten vermarktet. Mit einem EBIT von rund 5,6 Milliarden US-Dollar war es im Jahr 2021 keinesfalls das ertragreichste Segment. Dieses lässt sich mit Oil Production & Operations benennen. Es erfasst die Ölförderaktivitäten von BP. Gut zu erkennen ist, dass der Bereich deutlich höhere Erträge generiert als beispielsweise das zukunftsorientierte Geschäft mit Gas- und erneuerbaren Energien.


Die letzten Quartalszahlen von BP zum September 2022

Das dritte Quartal 2022 zeichnete sich durch hohe Energiepreise aus, von denen auch der britische Ölkonzern profitierte. So konnten beispielsweise die Umsatzerlöse im dritten Quartal 53 Prozent auf 57 Milliarden US-Dollar gesteigert werden. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern war mit 2,6 Milliarden US-Dollar deutlich angestiegen im Vergleich zum Vorjahreswert von 193 Millionen US-Dollar.

BP-Quartalsbericht Q3-2022

Quelle: BP-Quartalsbericht Q3-2022

In den ersten neun Monaten belief sich der Umsatz auf 179 Milliarden US-Dollar (+59,5 Prozent) bei einem operativen Ergebnis von 319 Millionen US-Dollar. Hier fallen große Unterschiede auf, die sich bis ins Nettoergebnis (12,5 Milliarden US-Dollar Verlust) wiederfinden. Erklärbar sind sie u.a. mit der Abschreibung des Russland-Geschäfts. Allein im ersten Quartal 2022 führte dies zu Abschreibungen in Höhe von 24 Milliarden US-Dollar.

Der Rosneft-Ausstieg war mit herben Buchverlusten verbunden und markierte den zweiten großen Fehltritt der Unternehmensgeschichte nach dem Deepwater-Horizon-Desaster im Jahr 2010. Selbst die extrem hohen Öl- und Gaspreise im Jahr 2022 konnten einen Verlust auf Nachsteuer-Ebene in den ersten neun Monaten nicht verhindern.

Andere Ölkonzerne schlugen sich besser. Glücklicherweise handelt es sich hierbei größtenteils um Buchverluste auf vergangene Investitionen. Die Cashflows blieben aufgrund hoher Öl- und Gaspreise stark. Bereinigt war es das zweitbeste Quartalsergebnis der Unternehmensgeschichte.


BP-Aktie Prognose 2023

Die Prognose für das Gesamtjahr 2023 ist auch für BP schwierig zu erstellen, weshalb sich der Konzern größtenteils auf Investitionsbudgets und Produktionsmengen in der Kommunikation beschränkt.

Hier ist vorgesehen, ein ähnliches Niveau wie in 2021 bei der Produktion von Öl und Gas zu erreichen. Trotz Aufgabe des Russland-Geschäfts wäre das immerhin eine respektable Leistung. Der Rest hängt üblicherweise von der dynamischen Entwicklung der Öl- und Gaspreise ab. Diesbezüglich konnte man wiederum im vierten Quartal 2022 deutliche Rückgänge erkennen, was tendenziell negativ zu bewerten ist.


Wichtige Kennzahlen der BP-Aktie aus der BP-Analyse

Die BP-Aktie zeichnet sich durch eine spannende Dividendenhistorie aus. So gab es in den letzten 23 Jahren nie einen kompletten Ausfall der Dividende. Ein kontinuierliches Dividendenwachstum gab es jedoch auch nicht, was mit der starken Zyklik des Rohstoffsektors zu erklären ist. Hinzu kamen hauseigene Probleme wie die Deepwater Horizon Tragödie im Jahr 2010. Sie führte letztendlich zu einer drastischen Kürzung der Dividende.

BP Dividendenhistorie der letzten 23 Jahre

Quelle: BP Dividendenhistorie der letzten 23 Jahre

In der Dividenden-Analyse der BP-Aktie wird ein relativ niedriger Score von 4 Punkten erreicht. Erklärbar ist dieser maßgeblich mit rückläufigen Dividenden in den letzten Jahren sowie mit der daraus resultierenden negativen Wachstumsrate der Dividende.

Auch fiel die aktuelle Dividendenrendite – aufgrund des starken Kursanstiegs seit Ende 2021 – auf ein nur noch moderates Niveau von 3,4 Prozent. Historisch gesehen waren Renditen jenseits von 5 Prozent in den letzten zehn Jahren üblich.

Dividenden Analyse der BP-Aktie

Quelle: Dividenden Analyse der BP-Aktie

Dafür überzeugt das Unternehmen in der High-Growth-Investing-Analyse umso mehr. Hier wurden 11 von 18 Punkten geholt. Das starke Wachstum von 57 Prozent in den letzten zwölf Monaten sollte jedoch nur temporärer Natur sein. Bereits in den kommenden Quartalen könnten die Wachstumsraten wieder negativ werden.


Bewertung der BP-Aktie

Die Bewertung der BP-Aktie ist angesichts eines hohen bereinigten Gewinn-Levels als niedrig einzustufen. Aufgrund von außerordentlichen Abschreibungen weist BP aktuell einen hohen Konzernverlust aus, weshalb das Kurs-Gewinn-Verhältnis keine Aussagekraft besitzt.

Kennzahlen der BP-Aktie

Quelle: Kennzahlen der BP-Aktie

Deutlich hilfreicher könnte hier der Blick auf den Umsatz-Multiplikator (KUV einfach erklärt) sein. Dieser liegt aktuell mit 0,5 so ziemlich genau im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Umsatzmultiplikator KUV der BP-Aktie

Quelle: Umsatzmultiplikator KUV der BP-Aktie

Auch die aktuelle Dividendenrendite von 3,3 Prozent zeugt weniger von einem guten Deal. Vor allem deshalb, weil es in der Vergangenheit häufig mehr als 5 Prozent gegeben hat.

Zu bedenken ist jedoch, dass sich die kommenden Dividenden tendenziell wieder an die alten Höchstwerte annähern dürften. BP sieht Potenzial, bis zum Jahr 2025 die Dividende um jährlich um 4 Prozent zu erhöhen. Die Berechnungsgrundlage liegt mit 60 US-Dollar pro Barrel deutlich unter dem aktuellen Preis des schwarzen Golds.


Fazit zur BP-Aktie

Obwohl BP ein mächtiger Öl-Gigant ist, so weist das Unternehmen im Branchenvergleich einige Schwächen auf. Zudem zeigt sich zum wiederholten Male, dass BP mit einem höheren Risiko zu arbeiten scheint, als viele Wettbewerber. Erst das Desaster der Tiefsee-Bohrinsel Deepwater Horizon und nun auch der Ausstieg aus Russland. Beides sorgte für herbe Verluste.

KUV-Vergleich

Quelle: KUV-Vergleich

Aus diesem Grund wird die BP Aktie vermutlich auch deutlich günstiger bewertet als die Konkurrenz. Chevron wird im Vergleich mit dem 1,5fachen des Umsatzes bewertet.

Diesmal scheint die BP-Aktie jedoch deutlich besser mit den Problemen zurechtzukommen, was nicht zuletzt den hohen Ölpreisen geschuldet ist. Diese wiederum sind nach oben verzerrt – maßgeblich durch den Russland-Angriff gegen die Ukraine.

Langfristig sieht sich BP jedoch weiterhin mit den Herausforderungen des Klimawandels konfrontiert. Das Resultat: Ein Transformationsprozess, von dem BP eigentlich profitieren könnte.

Im Jahr 2022 flossen rund 15,5 Milliarden US-Dollar in Investitionsprojekte. Für die Folgejahre 2023 bis 2025 soll ein ähnlicher Betrag jährlich fließen. Fünf bis sieben Milliarden US-Dollar werden dabei in das Zukunftsgeschäftsfeld Low Carbon Energy investiert.

Der überwiegende Teil von neun bis zehn Milliarden US-Dollar fließt in das alte Geschäftsmodell – namentlich resilient Hydrocarbons. Hier handelt es sich um die CO2-ärmste Öl-und Gasproduktion.

Somit dürfte das Geschäftsmodell nach wie vor kritisch gesehen werden. Für Anleger fehlt aus heutiger Sicht der zündende Funke. Allein schon deshalb, weil zu erwarten ist, dass die Öl- und Gaspreise sich wieder normalisieren dürften und der Klimawandel nicht gestoppt ist.

Bis dahin sollte BP aber erst einmal die Extragewinne abschöpfen und große Beträge in die Schuldentilgung, Dividenden und Aktienrückkäufe investieren. Bereits in den letzten Quartalen konnte man eine deutliche Reduzierung der Anzahl ausstehender Aktien erkennen.

Aktienrückkaufe BP Aktie

Quelle: Aktienrückkaufe BP Aktie

Ein Risiko in diesem Zusammenhang bleibt außerdem die mögliche Einführung einer Übergewinnsteuer. Wer das Chancen-Risiko-Profil der BP-Aktie spannend findet, der könnte sich einen Alarm beim Levermann-Score von vier stellen. Auch könnte eine Dividendenrendite von über 5 Prozent ein Alarmsignal sein, um sich die Aktie erneut anzuschauen.

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von BP besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.