RTL Aktie mit Kaufsignal: Die Fakten!

14.10.2020 | Frank Seehawer

RTL Aktie Bild eines Fernsehers

Während Technologieaktien derzeit hoch im Kurs stehen, so vernachlässigen viele Investoren günstig bewertete Aktien. Diese zeichnen sich durch eine niedrige Bewertung aus, können aber im Gegenzug häufig beim Wachstum nicht punkten. Dennoch können sie für Value-Anleger attraktiv sein, sofern das Geschäftsmodell auch in Zukunft bestehen oder weiterentwickelt werden kann.

Genau eine solche Aktie könnte die RTL Aktie (ISIN: LU0061462528) sein. Europas führender Medienkonzern befindet sich schon seit einigen Jahren in einer Umbruchsituation, denn immer mehr digitale Streaming-Anbieter machen auch dem Geschäftsmodell der RTL Group zu schaffen. Die Folgen: ein sinkender Aktienkurs und eine spottbillige Bewertung.

Zuletzt geriet das Geschäftsmodell nochmals durch die Corona-Krise unter die Räder, ähnlich wie wir es bei unserer Viacom-Analyse feststellen konnten. Seit einigen Wochen hatte der Aktienkurs aber eine Trendwende eingeschlagen, weshalb die Aktie auch in der Levermann- Analyse als möglicher Kauf vorgeschlagen wurde. Genau dieses Signal möchten wir heute mit der nachfolgenden Analyse auf dessen Nachhaltigkeit hin prüfen.


Unternehmensprofil – führender Broadcaster in Europa

Die RTL Group gehört zu den führenden privaten und kommerziell agierenden Broadcastern in Europa. Dem Luxemburger Konzern gehören Anteile an 68 Fernsehsendern, 8 Streaming-Plattformen sowie 30 Radiostationen.

Im Geschäftsjahr 2019 generierte der erst kürzlich in den SDAX abgestiegene Konzern Umsatzerlöse in Höhe von 6,7 Milliarden Euro, welche um 2,2 Prozent über dem Vorjahr lagen – ein Rekordwert. Beim Jahresüberschuss wurde mit 864 Millionen Euro ebenfalls ein hoher Wert ausgewiesen, der sogar um 10,1 Prozent über dem des Vorjahres lag. Die entsprechende EBIT-Marge war mit 15,6 Prozent hoch.

Haupteinnahmequelle war mit einem Umsatzanteil von 44,2 Prozent das klassische Fernseh-Werbegeschäft. Die zweitwichtigste Einnahmequelle ist auf die Content-Produktion zurückzuführen. ‘

Strategisch gesehen werden zukünftig aber die Segmente Digital und Plattform-Revenue für Investoren wichtig sein, denn neue Streaming-Anbieter wie Spotify oder Netflix ziehen immer mehr Nutzer auf ihre Plattformen und sorgen so für Druck auf die Werbepreise. Im Geschäftsjahr 2019 wurden in diesen beiden Segmenten zusammengerechnet gerade einmal 21,6 Prozent der Umsatzerlöse generiert. Hier muss sich noch viel ändern.


Letzten Quartalszahlen und Ausblick auf das Gesamtjahr 2020

Das erste Halbjahr und 2020 verlief alles andere als erfreulich. Da immer noch ein Großteil der Umsätze vom Werbegeschäft abhängt, verspürte der Konzern einen starken Gegenwind aufgrund der Corona-Pandemie. Obwohl die Menschen vermehrt Zeit zu Hause verbrachten, verringerten viele Kunden ihre Werbebudgets drastisch.

Der Umsatz sank im ersten Halbjahr um 16,4 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Auf der Ertragsseite sah es sogar noch schlimmer aus. Hier fiel das EBIT von 598 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2019 auf 260 Millionen Euro – ein Rückgang von 56,5 Prozent. Das Ergebnis je RTL Aktie verschlechterte sich sogar um 76,1 Prozent – von 2,56 Euro auf 0,61 Euro.


Streaming wächst weiter gut

Der einzige Lichtblick kam daher aus dem Streaming-Segment, in dem Plattformen wie TVNOW oder Videoland als nationale Champions aufgebaut werden. Regionale Serien- und Daily Soaps aus der eigenen Fremantle-Produktion sollen hier für ein unverwechselbares Erlebnis sorgen.

Die Umsätze erhöhten sich im ersten Halbjahr in diesem Zukunftsbereich um 23 Prozent. Die Anzahl der zahlenden Abonnenten stieg sogar um 45 Prozent auf 1,7 Millionen. Weiter wurde das langfristige Segment-Ziel bestätigt. Demnach sollen bis zum Jahr 2025 fünf bis sieben Millionen zahlende Abonnenten gewonnen werden und insgesamt ein Streaming-Umsatz von mehr als 500 Millionen Euro jährlich generiert werden. Auch soll das Segment dann die Gewinnschwelle auf EBITA-Basis erreicht haben.

Für das Gesamtjahr 2020 wurde kein konkreter Ausblick genannt. Es wurde lediglich der Hinweis gegeben, dass die Umsätze sowie das bereinigte EBITA deutlich unter dem Wert aus dem Jahr 2019 liegen werden.

Interessant wird es aber bei dem Ausblick der RTL Aktie für das dritte Quartal 2020. Hier prognostiziert die RTL Group eine deutliche Erholung im größten Geschäftsfeld. So sollen die TV-Werbeumsätze nur noch 10 Prozent unter dem des Vorjahres liegen. Im zweiten Quartal 2020 lag dieser Wert noch bei -40 Prozent, was auf eine deutlich schnellere Erholung als erwartet hindeuten könnte.


Ergebnisrückgang von 45,6 Prozent erwartet

Der Datenbank des aktien.guide kann man ein von Analysten erwartetes Ergebnis je Aktie von 2,67 Euro entnehmen. Dieses sollte gemäß der Analysten im Folgejahr 2021 auf 3,46 Euro ansteigen, was einem erwarteten Gewinnwachstum von fast 30 Prozent entspricht. Vorerst müssen Anleger laut Analystenschätzungen aber erstmal einen Ergebnisrückgang von 45,6 Prozent für das Jahr 2020 durchstehen.

RTL Aktie Gewinnwachstum


RTL Aktie: Aktienkursentwicklung und wichtige Kennzahlen

Wichtige fundamentale Kennzahlen aus der Levermann-Analyse für die RTL Aktie sind die EBIT-Marge sowie die Eigenkapitalquote. Für beide Werte gab es entsprechend den Kriterien der Strategie einen Punkt. Auffallend ist zudem, dass die beiden Kennzahlen im langfristigen Verlauf relativ stabil verlaufen.

5 Jahre Aktienkurs der RTL Aktie


Bei der EBIT-Marge wird es aber im laufenden Jahr einen drastischen Einbruch geben. Wie hoch dieser am Ende ausfällt, wird im Wesentlichen vom Verlauf der letzten beiden Quartale abhängen.

Weiter fällt die Aktie durch ein erwartetes zweistelliges Gewinnwachstum auf. Dieses liegt mit aktuell 30 Prozent deutlich über dem Wert der letzten Jahre. Der starke Zuwachs ist aber nur auf den Erholungseffekt zurückzuführen, denn im laufenden Geschäftsjahr wird der Gewinn wie gesagt deutlich einbrechen.


Bewertung der RTL Aktie

Die Bewertung der RTL Group Aktie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von aktuell 13 nicht günstig. In der Levermann-Analyse gab es daher auch keinen Pluspunkt für diesen Wert. Für das durchschnittliche KGV der letzten fünf Jahre gab es hingegen einen Punkt. Der Wert lag bei 8,6 und kann gemäß den Kriterien der Levermann-Strategie als günstig ausgelegt werden.

Die Kursrallye der letzten Wochen scheint damit die günstige Bewertung der Aktie erstmal beseitigt zu haben. Interessant könnte es jedoch mittelfristig werden, sollte die RTL Group wieder an das alte Gewinnniveau anknüpfen können. Dann wäre die Aktie nämlich wieder mit einem einstelligen KGV zu haben.

Ein weiterer Blick auf die Kennzahlen des Unternehmens deutet ebenso auf eine günstige Bewertung hin. So beläuft sich der Free Cashflow auf rund eine Milliarde Euro (TTM). Bei einem aktuellen Enterprise Value von 6,7 Milliarden Euro erreicht der entsprechende Multiplikator einen Wert von gerade einmal 6,6 – was extrem günstig ist.

Auch bei der Dividende könnten zukünftig wieder hohe Renditen möglich sein. Voraussetzung ist natürlich, dass die RTL Group wieder an ihre alten Vorkrisen-Erträge anknüpfen kann und die Expansion in das digitale Streaming-Geschäft nicht allzu teuer wird.

Kennzahlen der RTL Aktie


Fazit zur RTL Aktie

Die RTL Aktie besticht – gemessen am Cashflow – durch eine außergewöhnlich günstige Bewertung. Sie hat aber auch stark mit zunehmendem Wettbewerbsdruck durch disruptiv agierenden Technologiekonzernen zu kämpfen.

Auch wenn die letzte Kursrally technisch gesehen zu einer Bodenbildung führte, langfristige Investoren hatten bisher wenig Freude mit der Aktie. Sie verloren über die letzten fünf Jahre über 60 Prozent ihres Investments.

Der Kursrückgang der RTL Aktie ist nicht ausschließlich mit der Corona-Pandemie erklärbar. Vielmehr belasten die starken Erfolge der Streaming-Anbieter. Diese ziehen immer mehr Nutzer an, die dann nicht mehr die klassischen Fernseh- und Radioformate konsumieren. Zuletzt konnte man auch einen zunehmenden Druck auf die Werbepreise feststellen. Die Corona-Krise verschärfte die Lage nochmals.

Auch wenn die letzten Quartalszahlen eine besser als erwartete Erholung signalisierten, eine Trendwende scheint noch lange nicht erreicht. Ob eine solche langfristig gelingen kann, bleibt nach wie vor fraglich.

Bis zum Jahr 2025 sollen gerade einmal fünf bis sieben Millionen zahlende Abonnenten für die eigenen Streamingdienste gewonnen werden. Im Vergleich zu den dominierenden Platzhirschen sind diese Werte nicht konkurrenzfähig. Die Strategie, als regionaler Spezialist aufzutreten und so eine Marktnische zu bedienen, könnte zumindest den Konzern in einer möglichen Abwärtsspirale bremsen. Für eine Neubewertung der Aktie sollte aber deutlich mehr erforderlich sein.


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Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.