Allegro Aktie: Die europäische Alternative zu Amazon und Alibaba

22.11.2021 | Frank Seehawer

Allegro Aktienanalyse

Der Online-Handel boomt. Das ist ein Sachverhalt, der schon seit längerem bekannt ist und für Investoren reizvoll ist. Langfristiges Wachstum kann nämlich ebenso steigende Aktienkurse bedeuten.

Besonders an der Amazon Aktie konnte man die langfristigen Chancen, die der Onlinehandel bietet, ablesen. Die Amerikaner sind Weltmarktführer. Dennoch gibt es überall auf der Welt kleinere Nischenanbieter, an die der große US-Konzern nicht herankommt. So trifft es auch auf die Allegro Aktie (ISIN: LU2237380790) zu, den polnischen Marktführer im E-Commerce.

Allegro Aktie Kursverlauf 1 Jahr

Das Unternehmen zeichnet sich durch ein hohes Wachstum bei einer fairen Bewertung aus. Gleichzeitig wächst Allegro mit einer hohen Profitabilität, was für eine besonders gute Effizienz steht. Eine kürzlich getätigte Übernahme stärkt die Position in Zentral- und Osteuropa. Wachstumsfantasien bestehen nicht nur mit der Auslandsexpansion, sondern auch mit technischen Innovationen und Financial Services wie Allegro Pay. Ob die Aktie, die in der High-Growth-Investing-Strategie als Topscorer geführt wird, ein Kauf sein kann, das möchten wir mit der nachfolgenden Aktienanalyse prüfen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Osteuropäischer Marktführer im E-Commerce
  • Die Aktie überzeugt durch ein hohes profitables Wachstum bei moderater Bewertung
  • Politische Risiken sind nicht zu unterschätzen

Unternehmensprofil – führender Onlinehändler in Polen

Bei Allegro handelt es sich um einen führenden polnischen Onlinehändler, vergleichbar mit Amazon oder Alibaba. Erst kürzlich, im Oktober 2020, gelang das Börsendebüt. Es war mit gut zwei Milliarden Euro nicht nur der größte Börsengang seit 2010 in Polen, sondern auch der größte IPO in Europa im Jahr 2020.

Kein Wunder, denn der Online-Handel boomte im Corona-Jahr 2020 und mit ihm waren auch die Aktien von vielen Onlinehändlern heiß begehrt. Dank der Beschränkungen, die sich mit der Ausbreitung des Coronaviruses ergaben, konnten sie ein lukratives Zusatzgeschäft für sich beanspruchen. Im Gegenzug verloren Aktien des stationären Handels – ein Transformationsprozess, der schon länger anhält und durch die Pandemie verstärkt wurde.

Dabei ist das Unternehmen Allegro kein Unbekannter im Onlinehandel. Gegründet wurde es vor rund 21 Jahren in Poznan. Seither hat Allegro.pl sich zu der populärsten Shopping-Plattform in Polen sowie zu einer der größten E-Commerce-Websites in ganz Europa entwickelt. Über 125.000 Verkäufer erreichen jeden Monat rund 20 Millionen Konsumenten. Angeboten werden dabei rund 200 Millionen Produkte.

Die Entwicklung könnte dabei nochmals an Dynamik gewinnen. Erst kürzlich wurde mit der Übernahme der Mall Group – ein führender E-Commerce-Plattform-Betreiber in Zentral- und Osteuropa – verkündet. Ein Betrag von 880 Millionen Euro soll gezahlt werden.


Financials im Überblick

Mit Gesamtumsätzen im Geschäftsjahr 2020 von knapp vier Milliarden polnische Zloty wurde ein operatives Ergebnis vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) von 1,6 Milliarden polnische Zloty erreicht. Das Nettoergebnis belief sich auf 418 Millionen polnische Zloty und lag um 6,5 Prozent über dem Vorjahreswert. Der Umsatz konnte hingegen um 54,2 Prozent, das EBITDA-Ergebnis um 19,7 Prozent gesteigert werden.

Allegro Aktie Gewinn- und Verlustrechnung 2020

Quelle: Allegro Aktie Geschäftsbericht 2020

Der größte Anteil an den Gesamtumsätzen lässt sich den Marktplatzgebühren zuzuordnen. Sie beliefen sich auf rund 3,2 Milliarden polnische Zloty, also etwas über 80 Prozent der Gesamtumsätze im Jahr 2020. Deutlich weniger wurde mit Werbung (338 Millionen polnische Zloty, 8,4 Prozent), Preisvergleichen (190 Millionen polnische Zloty, 8,8 Prozent) und dem Einzelhandel selbst (217 Millionen polnische Zloty, 5,4 Prozent) eingenommen. Spannend dabei ist, dass alle Bereiche ein hohes Wachstum von mehr als 30 Prozent aufwiesen.


Die letzten Quartalszahlen und der Ausblick

Immer noch gut, aber mit deutlich weniger Schwung entwickelte sich das dritte Quartal 2021. Es erhöhten sich die Umsatzerlöse um 33 Prozent auf 1,2 Milliarden polnische Zloty. Das EBITDA erhöhte sich um 61 Prozent auf 457 Millionen polnische Zloty. Am Ende wurde ein respektables Nettoergebnis von 324 Millionen polnische Zloty ausgewiesen – nach einem Verlust von 132 Millionen polnische Zloty im Vorjahr 2020.

Im Vergleich zu den Neun-Monatszahlen 2021, die ein Umsatzwachstum von knapp 40 Prozent aufzeigen, scheint sich das Wachstum damit abzuschwächen. Der Ausblick auf das Gesamtjahr 2021 bleibt derweil unverändert. Erwartet wird vom Management ein Umsatzwachstum im niedrigen 30er-Prozentbereich sowie ein Anstieg des bereinigten EBITDA mit niedrigen 20er-Prozentbereich.


Wichtige Kennzahlen aus der HGI-Analyse der Allegro Aktie

In der High-Growth-Investing-Analyse erreichte die Allegro Aktie einen Gesamtscore von 14 Punkten. Die Aktie ist damit ein Neueinsteiger der High-Growth-Investing-Strategie und belegt gleichzeitig einen Spitzenplatz.

Besonders viele Punkte sammelt die Allego Aktie mit dem hohen Umsatzwachstum (44 Prozent), einem PEG-Ratio von 0,81 sowie einem Score der Rule-of-40 von über 62 Prozent. Jeweils zwei Punkte gab es für die Bewertungskennzahl EV/Sales (9,86) sowie den moderaten Verschuldungsgrad von 0,6. Für die Gross Margin von 58,8 Prozent konnte zusätzlich noch ein Punkt gewonnen werden.

Allegro Aktie High Growth Investing Analyse

Quelle: Allegro Aktie High Growth Investing Analyse

Mit Blick auf das erwartete Umsatzwachstum, welches im niedrigen 30er Prozentbereich erwartet wird, sollten mittelfristig jedoch weniger Punkte erreicht werden. Im günstigsten Fall würde die Aktie dann einen Punkt beim Umsatzwachstum verlieren. Denkbar wäre auch eine Verschlechterung des PEG-Ratios und der Rule-of-40 mit entsprechenden Punktverlusten.


Bewertung der Allegro Aktie

Mit einem EV/Sales Ratio von 9,9 ist die Allegro nicht besonders hoch bewertet für ein gutes Wachstumsunternehmen. Für einen Online-Händler könnte der Wert aber schon teuer sein. Schließlich wird der Marktführer Amazon mit einem Wert von 4,2 gehandelt. Da Allegro aber mit einer besseren Profitabilität agiert, könnte ein Bewertungsaufschlag für den osteuropäischen Marktführer gerechtfertigt sein.

Gemessen an dem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 40 ist die Allegro Aktie zwar zu hoch bewertet, das hohe erwartete Umsatzwachstum von mindestens 30 Prozent im Jahr 2021 könnte die Bewertung jedoch leicht rechtfertigen, sofern es langfristig hoch bleibt und auch die Nettogewinne entsprechend stark ansteigen. Von letzteren gehen Analysten nicht aus. Erwartet wird ein Gewinnwachstum von gerade einmal knapp 11 Prozent im kommenden Jahr.


Fazit zur Allegro Aktie

Die Allegro Aktie besitzt ein für Investoren gut abgegrenztes Profil. Es handelt sich um den osteuropäischen Marktführer im Onlinehandel. Gleichzeitig gilt Allegro als einer der größten E-Commerce-Webseitenbetreiber in ganz Europa. Weltweit nimmt es den zehnten Platz ein. Mit einem Investment in Allegro könnte man also eine Lücke zwischen Amazon (USA) und Alibaba (China) schließen.

Besonders spannend ist, dass der polnische Konzern bereits seit Jahren profitabel arbeitet und weiter stark wächst. Damit zeigt sich eine besonders gute Effizienz, die ebenfalls mit einem hohen Score der Rule-of-40 belegt wird.

Absehbar ist aus heutiger Sicht, dass Allegro weiter wachsen wird. Dieser Sachverhalt ist allein schon der Übernahme der tschechischen Mall Group geschuldet. Gleichzeitig geht Allegro hier mit einem seiner größten Probleme in die Offensive: Die Expansion in andere Länder.

Bisher ist man nämlich sehr stark von der polnischen Wirtschaft abhängig. Definitiv könnte dies langfristig ein Risiko darstellen, denn Polen eckt regelmäßig mit der Europäischen Union an. Zuletzt urteilte sogar ein polnisches Verfassungsgericht zur Unvereinbarkeit der polnischen Verfassung mit EU-Recht. Sollte sich ein Konflikt verschärfen, so könnte dies starke Auswirkungen auf die polnische Wirtschaft nehmen und damit auch auf die Geschäftstätigkeiten von Allegro.

Ähnlich wie Alibaba besitzt die Allegro Aktie somit ein erhöhtes politisches Risiko, das man bereit sein muss einzugehen. Aus Sicht der HGI-Strategie spricht – trotz eines schwachen Aktienkursverlaufes – nur wenig gegen die Allegro Aktie. Aufgrund des schlechten Momentums (negativer Levermann Score) drängt sich ein Engagement jedoch nicht auf.


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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Allegro besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.


Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.