Okta Aktienanalyse: Die Polizei des 21. Jahrhunderts?

08.11.2022 | Lukas Langer

Okta Aktienanalyse

100 Milliarden Euro Sonderbudget für das Militär, Diskussionen über Atomwaffen und Schutzschirme aus Israel, Panzer für die Ukraine. Bei all diesen derzeit medial diskutierten Themen und Problemen geht fast völlig unter, dass die Kriegsführung immer weniger physisch, sondern immer mehr digital im Internet stattfindet – und genau hierfür ist das Unternehmen Okta zuständig. Weltweit sind im Jahr 2022 bereits 49 Prozent aller Unternehmen Ziel eines Hackerangriffs oder einer Cyberattacke. Auch in den kommenden Jahren wird diese Zahl wohl weiter steigen – nicht zuletzt aufgrund der entstandenen geopolitischen Verwerfungen. Besonders in Russland und China lässt sich eine zunehmende Aktivität von Hackern feststellen. Doch was kann man gegen solche Angriffe unternehmen?

Okta Aktienchart

Quelle: Okta Aktienchart

Die Antwort liefern junge Unternehmen mit klarem Fokus auf Cybersecurity wie Zscaler, Crowdstrike, Secunet – und eben auch Okta. Dabei ist zu erwähnen, dass die Cybersecurity-Unternehmen nicht unbedingt Konkurrenten sein müssen, sondern oft auch unterschiedliche Teile der Wertschöpfungskette abdecken und teilweise auch zusammenarbeiten. So hat Okta beispielsweise mit Crowdstrike eine Kooperation.

Okta kümmert sich innerhalb dieser Wertschöpfungskette um Identity Services – das Unternehmen stellt also sicher, dass Kollegen wie Kunden zweifelsfrei, eindeutig und sicher identifiziert werden können. Außerdem haben nur autorisierte Personen Zugriff auf bestimmte Inhalte.

Doch was heißt das genau? Wie relevant sind Oktas Dienstleistungen in der heutigen Welt und worin besteht der Mehrwert? Kann Okta profitabel wirtschaften? Diesen Fragen gehen wir in diesem Artikel nach.

Das Wichtigste in Kürze
  • Okta ist im Bereich der Cybersicherheit tätig
  • Okta folgt einem Software-as-a-Service Modell und erzielt 97 Prozent seiner Umsätze durch Subskriptionen.
  • Das Unternehmen wirtschaftet derzeit stark defizitär. Ein klarer Trend zur Profitabilität ist nicht erkennbar.

Das Geschäftsmodell von Okta

Okta betreibt ein sogenanntes Software-as-a-Service Modell, um genau zu sein ein Identity-as-a-Service Modell. Grob zusammenfassen kann man das Geschäftsmodell damit, dass Okta über seine eigene Okta Cloud eine sichere Identifizierung und Authentifizierung für alle Personen ermöglicht, die auf Inhalte in der Cloud zugreifen müssen. Ideal eignet sich die Okta Cloud also besonders für große Firmen, mit denen meist mehrjährige Subskriptionsverträge abgeschlossen werden.

Der große Vorteil der Okta Cloud ist, dass man sich von jedem Ort auf jedem Gerät anmelden kann. Dies gilt sowohl für die internen Arbeitskräfte als auch für mögliche Partner, Kunden oder Zulieferer.

Die Okta Identity Cloud ist mit nahezu allen “Public Clouds” sowie “Private Clouds” kompatibel. Sie funktioniert dabei wie eine zusätzliche Schutzhülle um die eigentliche Cloud: Als Arbeitnehmer authentifiziert man sich beispielsweise über die Okta Identity Cloud und hat, sobald dies erfolgreich war, Zugang zu allen in verschiedenen Clouds gespeicherten Informationen, für welche man eine Zugriffsberechtigung hat. Dies alles geschieht innerhalb der geschützten und gesicherten Okta Cloud. Ein grafisches Beispiel soll dies besser verdeutlichen.

Okta Annual Report 2022

Quelle: Okta Annual Report 202

Sobald man mit der sicheren Okta Cloud identifiziert wurde, kann man innerhalb dieser auf die Inhalte in den einzelnen Clouds zugreifen. Deshalb kann die Okta Identity Cloud als zentrales System über das ganze Unternehmen hinweg genutzt werden, das Konnektivität, Authentifizierung und Zugang zu allen relevanten Daten auf nahezu allen verbundenen Geräten sicherstellt.

Auch für Entwickler bietet die Okta Identity Cloud Vorteile: So können sie innerhalb dieser Cloud Onlinedienste und -inhalte für PCs und mobile Endgeräte entwickeln. Ebenso können sie basierend auf dem Ort, der Identität, der Uhrzeit, dem Gerät und anderen Merkmalen die Zugriffsrechte auswählen.

Schließlich bietet Okta noch sogenannte „Platform Services" an, die es besonders Entwicklern ermöglichen sollen, ihre Anwendungen weiterzuentwickeln und neue Nutzungsmöglichkeiten zu kreieren. Zudem hat Okta im vergangenen Jahr das Unternehmen Auth0 übernommen. Während Okta seine Cloud für einen bestimmten Entwickler Typ baut, ermöglicht die Kombination mit Auth0 es den Entwicklern, innovativer zu sein und Komplexität in der Authentifizierung zu reduzieren.

Doch wie sorgt Okta dabei für die Sicherheit für die einzelnen Nutzer? Dies geschieht hauptsächlich mit dem Produkt „Universal Directory“. Die Verwalter von Zugriffsrechten können über die Cloud steuern, welche Identitäten Zugriff auf welche Dienste haben dürfen. Die Nutzerprofile werden dann in der Cloud gespeichert und verwaltet. Mittels des Lifecycle Managements können die Administratoren auch bestimmen, wie lange bestimmte Identitäten Zugriffe haben und diese automatisiert löschen, sobald die Berechtigungen nicht mehr erwünscht sind.

Die Identifizierung wiederum erfolgt entweder über das Single-Sign-on oder eine Multi-Faktor-Authentifizierung. Dies funktioniert über die Bereitstellung von Links über die Nutzer zweifelsfrei identifizierbar sind.

Darüber hinaus verfügt Okta über zahlreiche Anwendungen, um seine Clouds mit Desktop- oder Offline-Anwendungen zu verknüpfen oder um seine Clouds mit denen von Partnern zu verbinden, auch wenn beide Unternehmen keine gemeinsame Cloud nutzen.


Wie ist die Performance der Okta Aktie?

Wie sollte es bei einer Wachstumsaktie im Jahr 2022 auch anders sein? Auf Jahressicht steht bei der Performance des Aktienkurses der Okta Aktie ein dickes Minus. Um genau zu sein, sank die Aktie im vergangenen Jahr um über 80 Prozent. In anderen Worten: Die Aktie hat sich gesechstelt und müsste sich umgekehrt wieder versechsfachen (!), um das Niveau von Anfang November 2021 zu erreichen.

Okta ist sicherlich ein Opfer des aktuellen Zinsumfeldes sowie der harten Korrektur vieler Wachstumsaktien. Es wäre jedoch zu einfach, die gesamte Aktienkursentwicklung nur der Marktphase zuzuordnen.

Vergleicht man Oktas Aktienkursentwicklung mit der Entwicklung einiger Wettbewerber, fällt auf, dass diese trotz teilweise höherer Bewertungen deutlich weniger fielen.

Okta Aktienperformance im Vergleich

Quelle: Okta Aktienperformance im Vergleich

Doch warum ist diese Entwicklung so unterschiedlich? Zum einen konnte man im vergangenen Quartal ein Abschwächen des Wachstums erkennen. Während in den Vorquartalen stets das Umsatzwachstum gesteigert werden konnte, gab es auf Basis der letzten Quartalszahlen TTM erstmals wieder einen Rückgang des Umsatzwachstums.

Okta Umsatz & Umsatzwachstum

Quelle: Okta Umsatz & Umsatzwachstum

Diese Quartalszahlen vom 31. August führten zu einem weiteren Rückgang des Aktienkurses von Okta.


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Ist Okta profitabel?

Viel schlimmer jedoch wiegt die mangelnde Profitabilität. Während die oben gezeigten Wettbewerber bereits profitabel oder auf dem Weg dorthin sind, berichtet Okta für das Gesamtjahr eine EBIT-Marge über -50 Prozent.

Okta Gewinn- und Verlustrechnung TTM

Quelle: Okta Gewinn- und Verlustrechnung TTM

Es ist klar zu erkennen, dass sich die Kosten deutlich überproportional zu den Umsätzen erhöhen. Unter anderem erhöhten sich die Kosten für Forschung und Entwicklung um 79 Prozent und die Verwaltungskosten um 91 Prozent. Das Unternehmen gibt jeweils an, dass Kosten für Mitarbeiter in Form von Aktienvergütung ausschlaggebend für die starken Kostenerhöhungen sind. Auch im zweiten Quartal 2023 hat sich dies nicht großartig geändert: die EBIT-Marge liegt weiterhin bei -53 Prozent und alleine die Kosten für Aktienvergütungen liegt bei knapp einem Drittel des Umsatzes.

Tatsächlich ist Okta Cash-Flow positiv, da diese „Kosten“ für Aktienvergütungen keinen Geldabfluss bedeuten, sondern lediglich bilanzielle Ausgaben darstellen. Jedoch ist eine solch hohe Belastung durch Mitarbeitervergütungen selbst für junge Unternehmen außergewöhnlich hoch und führt dazu, dass Aktionäre stark verwässert werden (aktuell ca. 2 Prozent pro Quartal).

Übrigens wäre Okta auch ohne aktienbasierte Vergütung noch bei operativen Verlusten und auch der Free Cashflow wurde im aktuellen Geschäftsjahr (bisher) wieder negativ.


Das Management von Okta

Todd McKinnon ist CEO und Mitbegründer von Okta. Vor Okta war er maßgeblich an der Wachstumsstory von Salesforce beteiligt und leitete als Head of Engineering ein großes Team. Außerdem bringt Todd ein weiteres Jahrzehnt an Erfahrung in verschiedenen Ingenieur Positionen mit.

Neben ihm ist mit Frederic Kerrest als Chief Operating Officer noch ein zweiter Mitbegründer im aktuellen Vorstand. Ein gründergeführtes Unternehmen ist oft ein gutes Zeichen für Aktionäre, weil diese häufig „Skin-in-the game“ haben. Damit ist gemeint, dass oft sehr viel Herzblut und auch Vermögen in Form von Beteiligung im Unternehmen steckt. Daneben ist mit Diya Jolly, Isabelle Duarte, Alvina Antar und Kristina Johnson der Frauenanteil in Vorstand und Führungspositionen sehr hoch.

Erwähnenswert ist außerdem, dass Okta aktuell nur über einen Interims-CFO verfügt. Brett Tighe kommt ebenfalls von Salesforce und ist eigentlich Senior Vice President für den Bereich Treasury, also eigentlich eine Ebene unter dem Vorstand. Es bleibt abzuwarten, wann Okta einen neuen CFO für das Unternehmen findet und hier zur Kontinuität zurückkehrt.


Die Zukunft der Okta Aktie

Okta hat eine Reihe von Katalysatoren für weiteres Wachstum in den kommenden Jahren. Aktuell verfügt Okta über eine Net Retention Rate von 120 Prozent. Das bedeutet, dass Bestandskunden pro Jahr 20 Prozent mehr für die Okta Software ausgeben.

Okta auf einen Blick

Quelle: Okta auf einen Blick

Zudem erzielt Okta derzeit nach eigenen Aussagen rund 80 Prozent seiner Umsätze in Nordamerika. Das Unternehmen sieht deshalb einen zentralen Eckpfeiler seiner Wachstumsstrategie in der internationalen Expansion. Im Geschäftsjahr 2022 erzielt Okta ein internationales Wachstum ohne Nordamerika von 97 Prozent. Durch den von Okta geschätzten leichten Rückstand in Sachen Digitalisierung international gegenüber den USA erwartet sich das Unternehmen auch in den kommenden Jahren deutliches Wachstum.

Das größte Wachstum insgesamt erhofft sich Okta jedoch von Neukunden und steigenden Investitionen im Bereich der Cybersicherheit. Dies deckt sich auch mit Statistiken über den Markt. Cybersicherheit ist einer der Megatrends dieses Zeitalters und hat durch aktuelle Krisenherde weltweit nochmal zusätzlich an Relevanz gewonnen. Dies zeigt sich daran, dass sich in allen Ländern im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr die Ausgaben für Cybersicherheit anteilig an den IT-Ausgaben erhöhten.

Statista, Anteil der Ausgaben für Cybersicherheit an den Gesamt-IT-Ausgaben nach Ländern in den Jahren 2021 und 2022

Quelle: Statista, Anteil der Ausgaben für Cybersicherheit an den Gesamt-IT-Ausgaben nach Ländern in den Jahren 2021 und 2022

Auch die Gesamtausgaben für Cybersicherheit werden in den kommenden Jahren weiter steigen. Im Softwarebereich soll das Wachstum bei 7,3 Prozent jährlich liegen - im Bereich IT-Services sogar bei 14,5 Prozent (Quelle Statista).

Die Zeichen für weiteres Wachstum stehen also gut – wichtig wird es für Okta sein, den Weg zur Profitabilität zu finden. Aktuell ist dies nicht oder nur sehr eingeschränkt der Fall. Es wird spannend zu sehen, inwiefern sich die Ausgaben für aktienbasierte Vergütung in den kommenden Quartalen verändern werden.


Die Bewertung von Okta

Okta ist ein echtes Wachstumsunternehmen, das seinen Platz unter den HGI-Topscorern verdient. Das Umsatzwachstum belief sich auf Basis der vergangenen 12 Monate auf 57 Prozent. Auch in den Vorjahren wuchs das Unternehmen kaum langsamer. Auch der Rule-of-40-Score ist mit 60,77 Prozent sehr positiv zu sehen. Dazu ist die Aktie mit einem EV/Sales von 4,4 so günstig wie noch nie seit dem Börsengang im Jahr 2017.

Okta HGI-Kennzahlen

Quelle: Okta HGI-Kennzahlen


Fazit zur Okta Aktie

Allerdings sind in Zeiten von bald 4,0 Prozent Leitzins in den USA auch Abschläge im Vergleich zu den Vorjahren gerechtfertigt. Dazu ist das Unternehmen aktuell noch stark defizitär, ohne einen klaren Weg zur Profitabilität. Es wird noch einige Zeit vergehen, bis Okta operativ schwarze Zahlen schreiben wird. Der Aktienkurs wird wohl erst wieder nachhaltig steigen können, wenn Investoren vermittelt werden kann, dass Okta dauerhaft positive Free Cashflows und Gewinne produzieren kann.

Okta ist für mich aktuell ein sehr spannendes Unternehmen in einem Wachstumsmarkt, der sicherlich die nächsten Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte prägen wird. Aus diesem Segment ist Okta aktuell eines der am günstigsten bewerteten Unternehmen. Mich stimmt die fehlende Profitabilität jedoch im aktuellen Marktumfeld unsicher, was die mittelfristige Entwicklung der Aktie angeht. Es bietet sich ein aktien.guide EV/FCF Alarm bei z. B. < 30, um benachrichtigt zu werden, sobald das Unternehmen es schafft, den Cashflow auf ein attraktiveres Level zu steigern. Durch Alarme behalte ich den Überblick, auch wenn die Watchlist länger wird.


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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Okta besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.


Autor: Lukas Langer

Lukas Langer hat einen Masterabschluss im Wirtschaftsingenieurwesen. Er hat bereits während des Studiums praktische Erfahrung in einem DAX-Konzern und in der Unternehmensberatung gesammelt. Als begeisterter Privatanleger ist es sein Ziel, Anleger & Anlegerinnen dabei zu unterstützen, mit dem aktien.guide bessere Investmententscheidungen zu treffen.