Allianz Aktie: Basisinvestment mit Potenzial?

18.11.2020 | Frank Seehawer

Allianz Aktie - Bild der Allianzarena

Aktien des Versicherungssektors sind am Kapitalmarkt schon länger günstig zu erwerben. Bereits vor etwas mehr als einem Jahr hatten wir mit Talanx ein solches vorgestellt. Heute möchten wir die Allianz Aktie (ISIN: DE0008404005) als einen weiteren Versicherer unter die Lupe nehmen.

Die Aktie überzeugt fundamental nicht nur durch die günstige Bewertung, sondern besonders durch das hohe zweistellige erwartete Gewinnwachstum. Auch ist die Aktie ein Neueinsteiger in der Topscorer-Liste der Levermann-Strategie. Dies alles sind Gründe, um uns die Aktie mal genauer anzuschauen.


Die Allianz Aktie im Überblick

Die Allianz ist ein weltweit tätiger Versicherungskonzern mit mehr als 100 Millionen Kunden in über 70 Ländern. In Deutschland ist der Münchener Konzern Marktführer. Rund 29 Prozent der 142 Milliarden Euro Umsatzerlöse aus dem Geschäftsjahr 2019 stammen aus dem Heimatland. Die zweitgrößte Absatzregion war mit einem Anteil von 27 Prozent West- und Südeuropa. Die Absatzregion USA kam auf einen Umsatzanteil von 12 Prozent, während die interessanten Wachstumsmärkte lediglich 10 Prozent des Umsatzes widerspiegeln.

Das eigene Geschäft gliedert die Allianz in die Bereiche Schaden- und Unfallversicherung, Lebens- und Krankenversicherung sowie Asset Management. In letzterem verwaltet der Konzern Kapitalanlagen von Kunden im Wert von 1,69 Billionen Euro. Größtes Segment ist mit einem Umsatzanteil von 54 Prozent das Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft.


Allianz Aktie: Ein Fels in der Brandung

Die Allianz steht für Stabilität. Das kann man auch an der Unternehmensgeschichte erkennen, denn das Unternehmen wurde bereits 1890 in Berlin gegründet und feierte 1895 die Erstnotierung an der Berliner Börse. Im Jahr 1988 folgte schließlich die Aufnahme in den DAX als Gründungsmitglied.

Es gibt wahrscheinlich wenige Unternehmen, die auf so eine lange Unternehmensgeschichte zurückblicken können. Für einen Versicherungskonzern, der in besonderer Weise vom Vertrauen seiner Kunden lebt, ist dies eine harte Währung.

Stabilität muss ein Versicherungskonzern auch mit seinen Kennzahlen belegen können. Hier überzeugt die Allianz ebenfalls mit guten Werten. So belief sich die Solvabilitätsquote (Verhältnis zwischen den Eigenmitteln und dem nach Anlagerisiko gewichteten Wert der Kapitalanlagen) im Geschäftsjahr 2019 auf 212 Prozent bei einer Schaden- und Kostenquote (Setzt die Schäden in Relation zu den Prämieneinnahmen) von 95,5 Prozent. Konsolidiert wurde ein operatives Ergebnis von 11,9 Milliarden Euro bei einem Eigenkapital von 74 Milliarden Euro ausgewiesen.


Zahlen der ersten neun Monate im Jahr 2020

Als Versicherungskonzern leidet die Allianz unter den Effekten der Covid-19 Pandemie. Besonders deutlich kann man dies an den Ergebniszahlen der ersten neun Monate erkennen. Hier sank das operative Ergebnis von 9,1 Milliarden Euro um 14,6 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro. Ohne Corona wäre ein Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres erzielt worden.

Besser sah es beim Umsatz aus. Er lag mit 104,9 Milliarden Euro nur geringfügig (-1,9 Prozent) unter dem Vergleichswert des Vorjahres von 106,9 Milliarden Euro. Der stärkste Rückgang war auf das Geschäftsfeld der Lebens- und Krankenversicherungen zurückzuführen, welches um 5 Prozent zurückging. Das Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft konnte hingegen um 1,4 Prozent zulegen. Positiv entwickelte sich auch das Asset-Management mit einem Umsatzanstieg von 2,2 Prozent.


Ausblick auf das Gesamtjahr

Die ursprüngliche Prognose vom 30. April 2020, die ein operatives Ergebnis von 12 Milliarden Euro +/- 500 Millionen Euro vorsah, wurde bereits mit der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes 2020 gestrichen. Auf eine Konkretisierung der Prognose wurde mit dem Neun-Monatsbericht wieder verzichtet.

Investoren bleibt damit nichts anderes übrig, als auf die Gewinnschätzungen der Analysten zu bauen. Diese schätzen – gemäß Datenbank des aktien.guide – das Ergebnis je Aktie für das Geschäftsjahr 2020 auf 16,40 Euro. Gegenüber dem Ergebnis je Aktie des Geschäftsjahres 2019 von 18,90 Euro würde der Wert einem Ergebnisrückgang von 13,2 Prozent entsprechen.

Zuversicht gibt es aber für das Folgejahr 2022, denn hier soll der Gewinn je Aktie mit 19,70 Euro wieder deutlich über dem Niveau des Jahres 2019 liegen. Das erwartete Gewinnwachstum beläuft sich auf 20,1 Prozent.

Aktienkurs 5 Jahre der Allianz Aktie


Aktienkursentwicklung & Kennzahlen der Allianz Aktie

Bei den Kennzahlen lässt sich für die Allianz aus Sicht der Levermann-Analyse nur das erwartete Gewinnwachstum als fundamental interessante Kennzahl nennen.

Ein Hauptproblem liegt natürlich in der Geschäftstätigkeit, denn Finanzkonzerne arbeiten traditionell mit einer geringen Eigenkapitalquote. Viel wichtiger für einen Versicherungskonzern sind daher die Kennzahlen der Schaden-Kosten-Quote sowie der Solvency-II-Kapitalquote.

Die erste Kennzahl zeigt an, ob der Versicherer mit seinen verdienten Bruttobeiträgen die Schäden bezahlen kann. Je geringer der Wert, desto profitabler arbeitet der Versicherer. Bei der Allianz lag dieser Wert zuletzt bei 96 Prozent, was durchaus positiv zu interpretieren ist.

Bei der Solvency-II-Kapitalquote handelt es sich um eine Kennzahl, die etwas über die Stabilität des Unternehmens aussagt. Sie misst die Ausstattung des Versicherers mit freien und unbelasteten Vermögen. Dabei gilt auch hier: je höher der Wert, desto besser. Die Allianz verfügte in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2020 über eine Solvency-II-Kapitalquote von 192 Prozent, deutlich mehr als Regulierer fordern.

Als ein weiteres Highlight der Allianz Aktie können die Dividenden gesehen werden. Historisch gesehen zahlte die Allianz sehr häufig Dividenden und erhöhte diese auch regelmäßig. Nicht immer ging es dabei bergauf. So gab es auch mal in Krisenjahren eine starke Kürzung. Zuletzt wurde für das Geschäftsjahr 2019 eine Dividende von 9,60 Euro vorgeschlagen und auch – trotz Corona – ausgeschüttet. Es war die elfte Dividendenerhöhung ohne Unterbrechung. Ob dieser Wert im Folgejahr 2020 wieder gezahlt wird, muss erst noch abgewartet werden.


Kennzahlen der Allianz Aktie


Gemäß der Dividendenpolitik soll sich die regelmäßige Ausschüttung auf 50 Prozent des Jahresüberschusses belaufen. Weiter wird angestrebt, eine Dividende auf dem Niveau des Vorjahres zu halten. Die Dividendenpolitik steht unter Vorbehalt einer nachhaltigen Solvency-II-Quote von über 160 Prozent.

Auch mit flexibel ausgestalteten Aktienrückkäufen soll Kapital an die Anteilseigner zurückgegeben werden. So wurden im laufenden Jahr zu den vier Milliarden Euro ausgeschütteten Dividenden nochmals 750 Millionen Euro in eigene Aktien investiert. Die Intensivierung der Corona-Krise führte jedoch dazu, dass das Aktienrückkaufprogramm eingestellt wurde.


Bewertung der Allianz Aktie

Mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,6 ist die Allianz Aktie als günstig anzusehen. In den letzten Jahren war sie aber schon immer günstig. Im Tief des Corona-Crashs (Mitte März 2020) konnte man die Aktie sogar für das 6,6-fache des Gewinns erwerben. In den letzten zwei Jahren pendelte der Wert des KGVs zwischen 7 und 13, was aktuell weniger auf eine Unterbewertung hindeutet.

KGV 5 Jahre der Allianz Aktie

Ein zusätzlicher Blick auf die aktuellen Kennzahlen könnte hilfreich sein. Demnach erwirtschaftete der Versicherer in den letzten zwölf Monaten einen Free Cashflow (TTM) von 26,2 Milliarden Euro. Der Enterprise Value beläuft sich auf 84,1 Milliarden Euro, woraus sich ein Multiplikator von nur 3,2 errechnet.


Fazit zur Allianz Aktie

Die Allianz ist ein breit aufgestellter Versicherungskonzern, der in vielen Ländern präsent ist und sich durch eine starke Marktpositionierung auszeichnet.

So ist das Unternehmen ein weltweit führender Schaden- und Unfallversicherer. Im Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft gehört die Allianz sogar zu den Top 5 weltweit. Gleiches lässt sich für das Asset Management feststellen.

Die Aktie überzeugt primär durch eine günstige Bewertung. Schaut man jedoch auf andere Versicherer sowie die historische Bewertung, so lässt sich weniger auf eine temporäre Unterbewertung schließen.

Sicherlich gibt es Gründe für das günstige Preisniveau. In dem derzeit niedrigen Zinsniveau findet man schnell eine Erklärung. Für Versicherungskonzerne ist dies ein essenzielles Problem, denn sie Leben von der Zinsdifferenz. Auch nach stetigen Senkungen des Garantiezinses lässt sich hier kein gutes Geld mehr verdienen.

Inzwischen diskutieren Versicherer sogar über die Abschaffung der vollen Beitragsgarantie. Hierbei handelt es sich um ein Konstrukt aus der Kapitallebens- oder Rentenversicherung, bei dem der Versicherer die volle Auszahlung der vom Kunden gezahlten Beiträge garantiert.

Die Diskussionen zeigen, dass Kapitalanlageprodukte der Versicherer immer unattraktiver für Kunden werden. Auch an den letzten Zahlen kann man dies erkennen. Hier sanken die Umsätze mit Lebens- und Krankenversicherungen in den ersten neun Monaten um 5 Prozent. Das Minus beläuft sich im dritten Quartal sogar auf 9,4 Prozent.

Ein weiterer Maluspunkt: Die Kapitaldecke des Unternehmens schmilzt durch die Corona-Krise. So belief sich die Solvabilitätsquote im dritten Quartal 2020 nur noch auf 192 Prozent, was einer deutlichen Verringerung gegenüber dem Wert aus dem Geschäftsjahr 2019 darstellt.

In Summe könnte man das Zahlenwerk aber in Anbetracht der aktuellen Krise als durchaus solide interpretieren. Auch wenn Analysten von einem deutlichen Ergebnisrückgang im laufenden Jahr ausgehen, das Ergebnis sollte deutlich positiv ausfallen. Bereits im Folgejahr 2021 rechnen Analysten wieder mit Gewinnen, die über dem Niveau aus dem Jahr 2019 liegen.

Auch wenn die Allianz derzeit nicht durch Wachstum überzeugt, so tut sie es mit Stabilität in der Krise. Als ein Basisinvestment im Versicherungssektor sollte man die Aktie damit zumindest im Hinterkopf behalten.

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Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.