TotalEnergies Aktienanalyse: Profiteur steigender Ölpreise

22.03.2022 | Frank Seehawer

TotalEnergies Aktienanalyse

Die Preise an den Tankstellen klettern von Rekordhoch zu Rekordhoch und ein Ende scheint noch lange nicht in Sicht. Schuld daran ist der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine.

Profiteure von dieser Entwicklung sind meist Ölkonzerne, denn mit jedem Preisanstieg klingeln ihre Kassen deutlich lauter. Die einst als umwelt- und klimaschädlich verschmähten Konzerne gelten nun als Hoffnungsträger für weiterhin bezahlbare Wärme und Mobilität.

Auch die französische TotalEnergies Aktie (ISIN: FR0000120271) gilt als ein maßgeblicher Profiteur steigender Öl- und Gaspreise. Am Aktienkurs kann man die Fantasie noch nicht wirklich ablesen.

TotalEnergies Aktie Aktienkurs

Die Aktie sticht in der Levermann-Analyse mit einem Kaufen-Urteil hervor. Aber auch in der High-Growth-Investing-Analyse werden viele Punkte gesammelt, wie auch in der Dividenden-Analyse.

Ob die TotalEnergies Aktie damit tatsächlich ein ideales Investment sein könnte, das möchten wir mit der nachfolgenden TotalEnergies Aktienanalyse prüfen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Großer Oil-Major aus Frankreich mit günstiger Bewertung
  • Maßgeblicher Profiteur steigender Öl- und Gaspreise
  • LNG-Portfolio könnte eine Teillösung für die europäische Energiekrise bieten
  • Trotz Chancen bleiben die Risiken im Geschäftsmodell hoch

Unternehmensprofil: Oil-Major aus Frankreich

TotalEnergies ist ein französischer Mineralölkonzern, der mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von 117 Milliarden Euro und einem Enterprise Value von 147 Milliarden Euro zu den größten Ölförderern der Welt gehört.

Marktkapitalisierung großer Oil-Majors

Quelle: Marktkapitalisierung großer Oil-Majors aktien.guide

Gegründet wurde Total im Jahr 1924. Ende der 90er Jahre wurde die belgische Petrofina zu einem Aktienwert von damals 12,9 Milliarden US-Dollar übernommen. Bereits ein Jahr später folgte eine Fusion mit dem französischen Kontrahenten Elf Aquitaine. Fusionswert zur damaligen Zeit: 54,3 Milliarden US-Dollar.


Was macht TotalEnergies?

Im Jahr 2021 folgte schließlich eine Namensänderung von Total zu TotalEnergies. Die Umfirmierung soll eine strategische Wandlung des Geschäftsmodells verdeutlichen. Weg vom klimaschädlichen Öl und Gas und hin zu einem weltweiten CO2-neutralen Energielieferanten. So könnte man kurz und knackig die neue Strategie der Franzosen bezeichnen. Bereits im Jahr 2050 sollen alle globalen Aktivitäten klimaneutral sein.

Unter den Majors nimmt TotalEnergies damit eine Vorreiterrolle ein, denn nur wenige große Ölkonzerne setzen so stark auf eine Transformation des Geschäftsmodells. Die Transformation hat auch eine Kehrseite, denn schließlich steht sie nicht nur hohe Investitionen, sondern könnte kurzfristig auch die Profitabilität belasten.


Das Geschäftsmodell von TotalEnergies

Das Geschäftsmodell basiert dabei auf vier die Säulen Gas und Erneuerbare Energien (Integrated Gas, Renewables & Power), Exploration (Exploration & Production), Raffinerie und Chemie (Refining & Chemicals) sowie Vertrieb und Service (Marketing & Services).

Damit deckt TotalEnergies die wesentlichen vertikalen Stufen eines Öl- und Gaskonzerns ab – von der Produktion über die Verarbeitung bis hin zum Vertrieb über eigene Tankstellen.

Umsatzmäßig wurde das größte Geschäft im Geschäftsjahr 2021 mit der Refining-Sparte gemacht. Von den insgesamt 185 Milliarden US-Dollar Umsatz entfielen fast 114 Milliarden US-Dollar (61 Prozent) auf diesen Bereich. Die Sparte erwirtschaftete aber nur ein operatives Ergebnis von knapp 3 Milliarden US-Dollar. Deutlich profitabler entwickelte sich die Ölförderung selbst. Hier konnte ein Gewinn von 8 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von 42 Milliarden erreicht werden.

Die Gas-Sparte mit den Erneuerbaren Energien kam auf einen Umsatz von rund 35 Milliarden US-Dollar bei einem operativen Ergebnis von 5,5 Milliarden US-Dollar.

Pressemitteilung TotalEnergies

Quelle: Pressemitteilung zu den Zahlen des vierten Quartals und Gesamtjahr 2021 TotalEnergies

Die gute Entwicklung ist vor allem auf einen starken Anstieg der Ölpreise sowie eine zugleich Verbesserung der Refining-Marge zurückzuführen. So belief sich der Durchschnittspreis des Brent-Öls im Gesamtjahr 2021 auf 70,90 US-Dollar je Barrel. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach dies einem Zuwachs von 69 Prozent.

Im vierten Quartal 2021 ging es weiter nach oben: Der Brent-Preis lag bei durchschnittlich 79,80 US-Dollar je Barrel – ein Plus von 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Ebenso ging es bei den Gaspreisen steil nach oben: Im Gesamtjahr 2021 lag der Anstieg bei 82 Prozent. Im vierten Quartal 2021 lag der Preis schon bei dem 2,7-fachen des Vorjahreswertes.

Der überdurchschnittliche Anstieg der Gaspreise ist dabei auf einen Engpassfaktor zurückzuführen. Einerseits herrscht eine starke Nachfrage, andererseits wurde durch Russland nur die vertragliche Mindestmenge an Gas geliefert, was entsprechend zu niedrigen Gas-Speicherständen in Deutschland und Europa führte. Der Ukraine-Konflikt sorgte für eine weitere Anspannung der Situation mit entsprechenden Auswirkungen auf die Energiemärkte im ersten Quartal 2022.


Die letzten Quartalszahlen und TotalEnergies Prognose 2022

Für das Geschäftsjahr 2022 ist geplant die Fördermenge auf ein Niveau von 2,9 Millionen Barrel pro Tag mit 2 Prozent leicht zu steigern. Wie sich diese Mengen am Ende auf die Finanzkennzahlen von TotalEnergies auswirken ist vor allem eine Frage an die Energiepreise.

Im ersten Quartal 2022 sollten diese deutlich über den Werten aus dem Gesamtjahr 2021 liegen. Wie der Durchschnittswert im Gesamtjahr 2022 aussieht, bleibt nach wie vor eine unsichere Variable, denn der Ölpreis unterliegt starken Schwankungen. Der aktuelle Ukraine-Konflikt sorgt dabei für zusätzliche Unsicherheiten und Schwankungen im Markt.

TotalEnergies arbeitet kosteneffizient

Als einer der kostengünstigsten Öl-Förderer mit einem Break-Even von 25 US-Dollar pro Barrel sollte es TotalEnergies jedoch leichter fallen, diese Schwankungen auszugleichen. Als zweitgrößte Player im Markt für Flüssiggas (LNG) besitzt TotalEnergies zudem Assets, um von einer möglichen Abkopplung Europas vom russischen Gas zu profitieren.

So investiert TotalEnergies seine Cashflows

Von den über 30 Milliarden operativen Cashflows wurden im vergangenen Geschäftsjahr 13,3 Milliarden ins Geschäft investiert – rund die Hälfte davon ging in Wachstumsinvestitionen. Auch Kapitalanleger konnten sich über TotalEnergies Dividenden in Höhe von 8,2 Milliarden US-Dollar freuen sowie über 1,5 Milliarden US-Dollar an Aktienrückkäufen. Die Schulden konnten um über 15 Prozent verringert werden.

Im Jahr 2022 soll dabei noch eine Schippe obendrauf gelegt werden: geplant ist, einen Betrag zwischen 14 und 15 Milliarden US-Dollar zu investieren. Davon sollen 3,5 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien sowie Elektrizität fließen. Sie gelten als Wachstumsinvestitionen.

Ebenfalls profitieren sollte der Bereich LNG und Gas mit einer ähnlichen Investitionssumme. Die andere Hälfte des Investitionsbudgets ist für klassische Erhaltungsinvestitionen aus dem Öl-Bereich vorgesehen.

TotalEnergies Aktie Gewinnwachstum

Quelle: Erwartetes Gewinnwachstum TotalEnergies aktien.guide

Konkrete Zahlen für das Gesamtjahr existieren nicht. Durchaus realistisch ist ein weiterer Gewinnanstieg. Gemäß Analysten sollte dieser aber nur kurzfristig anhalten, denn bereits für das Folgejahr 2022 wird mit einem zweistelligen Ergebnisrückgang gerechnet.


Wichtige Kennzahlen der TotalEnergies Aktie aus der Levermann-Strategie

In der Levermann-Analyse kann in die TotalEnergies Aktie und mit einem Score von fünf Punkten überzeugen. Sie besitzt damit den Status eines Topscorer und konnte ihn seit Anfang März festigen.

TotalEnergies Aktie Levermann-Analyse

Quelle: TotalEnergies Levermann-Analyse

Besonders bei den fundamentalen Kennzahlen der EBIT-Marge (13,4 Prozent) sowie der Eigenkapitalquote (39,2 Prozent) wurden Punkte gesammelt. Weitere Punkte gab es für die günstige Bewertung mit einem erwarteten KGV von 6,5 sowie für die gute Kursperformance der letzten sechs und zwölf Monate. Auch entwickelten sich die Erwartungen der Analysten bezüglich des Gewinns je Aktie (EPS) in den letzten vier Wochen (Gewinnrevision) positiv.

Negativ stand zu Buche, dass ein von Analysten zweistellig negatives Gewinnwachstum erwartet wird. Einen Punktabzug gab es zudem für die sehr positiven Analystenmeinungen zur TotalEnergies Aktie. Sie gelten als Kontraindikator in der Levermann-Strategie.


Bewertung der TotalEnergies Aktie

In der Levermann-Analyse erhielt die TotalEnergies Aktie für die Bewertung jeweils einen Punkt. So beläuft sich das erwartete KGV auf 6,5, das KGV 5 Jahre (das durchschnittliche KGV der letzten drei sowie erwarteten zwei Geschäftsjahre) liegt bei 11,5. Die Werte deuten auf eine fundamental günstige Bewertung hin.

TotalEnergies Aktie Kennzahlen

Quelle: TotalEnergies Kennzahlen

Untermauert werden diese Daten mit einem EV/FCF von 9,6, einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,2 sowie einem Umsatzmultiplikator von deutlich weniger als 1. Auch die Dividendenrendite fällt mit 4,4 Prozent hoch aus.


Fazit zur TotalEnergies Aktie

Als europäischer Oil-Major tritt die französische TotalEnergies gegen große integrierte Ölkonzerne wie Exxon Mobil, Saudi Aramco oder Chevron an. Aber auch der Konkurrent Shell oder der britische BP-Konzern sind große Player, wenn es um die Energieversorgung von Industriestaaten geht.

Oilmajors Bewertung

Quelle: aktien.guide Fundamental Charts

Gemessen an der Bewertung zum Wettbewerb ist TotalEnergies die günstigste Aktie unter den westlichen integrierten Ölkonzernen.


Das kritische Geschäftsmodell bleibt

Galt das Geschäftsmodell aufgrund des großen Beitrags zum Klimawandel bis vor kurzem noch als wenig attraktiv, so scheint sich derzeit die Lage zumindest kurzfristig komplett gewandelt zu haben.

Der Grund: Russland als großes Förderland befindet sich in einem Krieg oder einer Sondermilitäraktion – wie es die Russen nennen. Der Konflikt spielt sich diesmal in der Ukraine und damit in Europa ab, was die Sachlage deutlich verändert.

Die Konsequenz: Russland wird wirtschaftlich und gesellschaftlich zusehends von dem Rest der Welt isoliert. Auch die Abnahme von russischem Öl oder Gas auf dem Weltmarkt wird heruntergefahren. Das alles sind Preistreiber für den Ölpreis, der sich am Weltmarkt durch Angebot und Nachfrage ergibt. Besonders für Europa scheint die Lage prekär zu sein, denn sie ist ein Großabnehmer von russischen Öl und Gas – eine (schnelle) Substitution fällt alles andere als leicht.


Chancen der Energiekrise 2022

Die derzeitige Krise auf dem Energiemarkt könnte für andere Öl- und Gaskonzerne möglicherweise ein gutes Geschäft bedeuten, denn ihr Haupt-Verrechnungspreis steigt mit.

So auch bei TotalEnergies, die bereits im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2021 blendende Zahlen ausweisen konnten. So sollte es zumindest in den nächsten Monaten weiter gehen, denn auf dem Energiemarkt gibt es keine Anzeichen für Entspannung.


Profiteur und Verlierer zugleich?

Auch könnte TotalEnergies aufgrund seines eigenen LNG-Gasgeschäfts ein möglicher Profiteur von einer Abkehr Europas vom russischen Gas sein. Hier muss man aber bedenken, dass TotalEnergies auch ein Verlierer ist. So hält der französische Konzern eine Beteiligung an dem russischen Gasproduzenten Novatec von 19,4 Prozent sowie 20 Prozent an der Yamal-LNG-Gasanlage in Westsibirien. Weiter ist der Konzern mit 10 Prozent an dem Projekt Artic LNG 2 beteiligt.

Angesichts der Sanktionen gegen Russland könnten diese Beteiligungen nun wertlos sein. Darüber hinaus dürfte es schwer sein in der Zukunft noch Geschäfte in Russland zu machen. Bereits heute hat TotalEnergies ein Investitionsstopp für eigene Projekte eingeführt.

Aus Sicht der Levermann-Strategie besitzt die TotalEnergies Aktie durchaus überzeugende Argumente. Die Aktie ist nach wie vor fundamental günstig und besitzt ein gutes Momentum. Auch gilt die TotalEnergies Aktie als ein solider Dividendenwert.

Das gilt jedoch nur kurzfristig, denn langfristig könnte das Thema Klimawandel wieder auf der Tagesordnung stehen. Und hier muss noch deutlich mehr passieren, damit der Öl- und Gaskonzern zu einem klimaneutralen Energielieferant wird.

Die günstige Bewertung könnte daher nicht nur die Zyklik des Geschäfts widerspiegeln, sondern auch die langfristigen Risiken, die der Konzern besitzt.


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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von TotalEnergies besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.


Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.