Adobe Aktienanalyse: Nach 50 % Kurssturz Kaufchance?

7.09.2022 | Frank Seehawer

Adobe Aktienanalyse

Adobe ist vielen Anlegern ein Begriff. Schließlich sind seine PDF-Formate milliardenfach im Internet verfügbar. Dabei hat der Konzern noch einiges mehr zu bieten als ein plattformunabhängiges Dateiformat. So gilt Adobe als Marktführer im Bereich von Software für Content-Creator. Diese Zielgruppe wächst und wird durch den verstärkten Medienkonsum im Internet immer finanzkräftiger. Auch für Investoren ist die Adobe Aktie (ISIN: US00724F1012) spannend, denn über die letzten zehn Jahre hat sich der Aktienkurs – trotz eines zuletzt 50-%-igen Kursrückgangs – immer noch verzehnfacht.

Adobe Aktienkurs

Quelle: Adobe Aktienkurs

Das im Jahr 1982 gegründete Unternehmen haben wir bereits in einer vorherigen Adobe Aktienanalyse ausführlicher beschrieben. Damals wurde die Corona-Pandemie ausgerufen und die hohe Bewertung sowie die Unsicherheiten aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus sorgten für eine dezente Zurückhaltung. Ob sich die Situation jetzt verbessert hat und ob der Softwarekonzern gut durch die Corona-Zeit gekommen ist, das soll die nachfolgende Adobe Aktienanalyse aufklären.

Das Wichtigste in Kürze
  • Die Adobe Aktie verlor im letzten Jahr rund die Hälfte seines Wertes
  • Mit einem EV/Sales Ratio von 10 ist Adobe noch kein Schnäppchen
  • Fundamental überzeugt die Cloud-Aktie dennoch, auch wenn das Wachstum schwächer wird

Unternehmensprofil – führender Anbieter von Software für Publisher

Adobe ist ein amerikanisches Softwareunternehmen, welches sich zu einem der weltweit führenden Cloud-Anbieter für Kreative entwickelt hat. Viele kennen Adobe durch den Dokumentenstandard PDF. Die Abkürzung steht für Portable Document Format und ist ein plattformunabhängiges Dateiformat. Es war eines der ersten Erfolgsprodukte von Adobe und gilt auch heute noch als eines der Standardformate, um Dokumente zu veröffentlichen.

Im Laufe der Jahre kamen durch Übernahmen (55 Übernahmen seit 1990) und eigene Entwicklungen weitere Softwareprodukte hinzu. Der Fokus war dabei stets auf die Erstellung von Content in Schrift, Video und Sprache gerichtet sowie die Erschaffung eines eigenen Ökosystems.

Mit einem Anstieg des Medienkonsums im Internet stieg im gleichen Zuge das Content-Angebot und damit die Nachfrage nach Produkten des Marktführers Adobe. Influencer, Blogger, Vlogger sowie Agenturen und Unternehmen benötigen die Software-Tools von Adobe, um sich im wettbewerbsintensiven Kampf um die Aufmerksamkeit der Interessengruppen abzusetzen.

Anzumerken sei, dass Adobe sein Lizenzsystem im Jahr 2013 als eines der ersten Softwareunternehmen vollständig auf ein Abo-Modell umgestellt hat. Was dem Unternehmen damals viel Kritik einbrachte und auch zu sinkenden Umsätzen und Gewinnen führte, entpuppte sich im Nachgang als eine geniale strategische Entscheidung. Heute verdient Adobe auf Basis seiner wiederkehrenden Umsätze so viel wie nie zuvor – 4,1 Milliarden US-Dollar allein im letzten Quartal.


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Neben den Subscriptions werden Umsätze mit Produktverkäufen und Services generiert. Sie spielten im zweiten Quartal 2022 mit zusammengerechnet 316 Millionen US-Dollar oder 7,2 Prozent nur eine untergeordnete Rolle.

Die letzten Adobe Quartalszahlen und Adobe Aktie Prognose 2022

Die Zahlen des zweiten Quartals fielen robust aus. Erreicht wurde ein neuer Rekordumsatz in Höhe von 4,39 Milliarden US-Dollar, was einem Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprach. Das Ergebnis je Aktie (EPS) erreichte einen Wert von 2,49 US-Dollar. Bereinigt um Sondereffekte (Non-GAAP) wurde ein Wert von 3,35 US-Dollar ausgewiesen.

Adobe Aktie Prognose 2022

Für das Gesamtjahr 2022 sieht das Management Adobe weiter auf Wachstumskurs. Erwartet wird ein Umsatz von rund 17,65 Milliarden US-Dollar im Vergleich zu den 15,78 Milliarden US-Dollar aus dem vorherigen Geschäftsjahr würde dies jedoch nur noch einem Umsatzwachstum von knapp 12 Prozent entsprechen. Das EPS wird mit einem Wert von 9,95 US-Dollar antizipiert. Non-GAAP soll das Ergebnis je Aktie bei 13,50 US-Dollar liegen.

Adobe Quartalsmitteilung

Quelle: Adobe Quartalsmitteilung

Analysten rechnen mit einem Wert von 10,10 US-Dollar. Im Folgejahr 2023 sollte es nach Ansichten der Analysten weiter nach oben gehen. Das EPS für 2023 wird mit 12,27 US-Dollar prognostiziert (Wachstum: 21,5 Prozent).

Adobe Erwartetes Gewinnwachstum

Quelle: Adobe Erwartetes Gewinnwachstum

Von 30 Analysten geben aktuell 24 bzw. 80 Prozent eine “Kaufen” Einschätzung ab. Sechs Analysten halten die Adobe Aktie für eine Halteposition.

Adobe Analystenmeinungen

Quelle: Adobe Analystenmeinungen

Keine der Analysten gibt aktuell eine “Verkaufen” Einschätzung ab.

Wichtige Kennzahlen aus der HGI-Analyse der Adobe Aktie

In der High-Growth-Investing-Analyse erreicht die Adobe Aktie einen Score von 11 von 18 Punkten. Sie ist somit ein Bestandteil der Topscorer-Liste der Wachstumsstrategie.

Adobe HGI-Score

Quelle: Adobe HGI-Score

Besonders sticht die hohe Profitabilität hervor, mit der das Softwareunternehmen wächst. So befindet sich beispielsweise der Score der Rule-of-40 seit Jahren über der 40-Prozent-Marke und 50-Prozent-Marke.

Adobe Entwicklung des Rule-of-40 Scores

Quelle: Adobe Entwicklung des Rule-of-40 Scores

Die Kennzahl misst die Effizienz des Wachstums, indem es dem Umsatzwachstum die Free-Cashflow-Marge hinzufügt. Je höher der Wert, desto attraktiver kann die Kennzahl ausgelegt werden.

Auch bei der Gross Margin (Bruttomarge) sowie dem Verschuldungsgrad kann die Adobe Aktie gut punkten. Die Gross Margin fällt mit einem Wert von 86,8 Prozent hoch aus. Der Verschuldungsgrad ist mit 0,33 gering.

Es befinden sich über fünf Milliarden US-Dollar Cash in der Bilanz. Ein Risiko der Bilanz könnte der hohe Posten Immaterielle Vermögensgegenstände sein. Er subsumiert vor allen Goodwills, die durch die zahlreichen Übernahmen entstanden sind. Sollten die Zielunternehmen sich nicht gut entwickeln – wonach es aktuell nicht aussieht – so könnten Abschreibungen drohen, die den Gewinn belasten.

Adobe Finanzdaten

Quelle: Adobe Finanzdaten

Weniger erfreulich sieht es aktuell bei der Bewertung (EV/Sales und PEG-Ratio) sowie bei dem Umsatzwachstum aus.

Adobe Entwicklung des EV/Sales Ratios

Quelle: Adobe Entwicklung des EV/Sales Ratios

Während es für die beiden Bewertungskennzahlen zumindest noch jeweils einen Punkt gab, konnte die Adobe Aktie für das Umsatzwachstum auf Basis der letzten zwölf Monate (TTM) keine Punkte mehr generieren. Im Vergleich zur letzten Adobe Aktienanalyse hat sich die Bewertung jedoch ein wenig verbessert. Damals wurde noch ein EV/Sales-Ratio von über zwölf für die Aktie gezahlt. Dafür lag das Wachstum aber auch deutlich über der 20-Prozent-Marke.

Adobe Umsatzwachstum der letzten Jahre

Quelle: Adobe Umsatzwachstum der letzten Jahre

Somit lässt sich feststellen, dass sich das Wachstum und auch die Bewertung verringert haben. Der Aktienkurs liegt dennoch über dem Niveau von 2019. Kein Wunder, denn die Umsätze und Gewinne sind seither weiter gestiegen. Außerdem wurden regelmäßig eigene Aktien zurückgekauft.

Adobe Aktienrückkauf

Quelle: Adobe Aktienrückkauf

Insgesamt wurden in den letzten 5 Jahren 4 Prozent der Aktien zurückgekauft.

Bewertung der Adobe Aktie

Mit einem aktuellen EV/Sales Ratio von 10,5 ist die Adobe Aktie bei einem erwarteten Wachstum von 11,8 Prozent immer noch teuer. Zum Vergleich: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beläuft sich auf Basis der Gewinne der letzten zwölf Monate auf 36,5.


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Deutlich besser sieht es aus, wenn man sich die Free Cashflows des Unternehmens anschaut. Sie beliefen sich auf fast 6,9 Milliarden US-Dollar in den letzten zwölf Monaten (TTM). Gemessen an dem Enterprise Value (Unternehmenswert inklusive Schulden) von aktuell 172 Milliarden US-Dollar errechnet sich so ein Multiplikator von 25. Der Wert ist schon deutlich günstiger, jedoch steht auch er für einen gewissen Premium-Aufschlag.

Adobe Kennzahlen

Quelle: Adobe Kennzahlen

Der Aufschlag könnte für die Adobe Aktie durchaus gerechtfertigt sein, denn das Unternehmen befindet sich mit seinen Produkten nach wie vor in einem Zukunftsmarkt. Es sollte daher zweistellig aufwärts gehen.

Fazit zur Adobe Aktie

Dass die Adobe Aktie eine gewisse Resilienz besitzt, das hat sie in der Corona-Pandemie eindrücklich bewiesen. Damals war es nicht sicher einschätzbar, ob der Softwarekonzern nicht doch in irgendeiner Form von einer wirtschaftlichen Eintrübung getroffen werden könnte. Nun wissen wir, dass das Unternehmen die Krise mehr als robust gemeistert hat, wobei eine wirkliche Krise aufgrund der zahlreichen Konjunkturprogramme weltweit umschifft werden konnte.

Bei Adobe gab es weder einen Umsatzrückgang, noch sank der Gewinn. Das weckt Zuversicht für die Zukunft. Wobei es immer sein kann, dass sich bei einem Abflachen des Wirtschaftswachstums die Wachstumsraten bei Adobe verlangsamen.

Gemessen an der aktuellen Bewertung ist die Adobe Aktie aufgrund des starken Kursrückgangs der letzten Monate deutlich günstiger geworden. Die Aktie verlor seit Jahresanfang rund ein Drittel an Wert. Über ein Jahr gesehen beläuft sich das Kursminus auf fast 50 Prozent.

Die Aktie wurde somit wie viele andere Technologietitel ausverkauft. Trotz der starken Verbilligung des Aktienkurses ist die Adobe Aktie im Vergleich zu 2019 nur minimal günstiger geworden. Das EV/Sales Ratio befindet sich dennoch am unteren Ende der Bewertungsspanne der letzten fünf Jahre.

Ob der aktuelle Preis ein günstiger Einstiegszeitpunkt sein könnte, bleibt abzuwarten. Risikobereite Investoren könnten die Chance nutzen und erste Positionen aufbauen.

Wer dem Braten nicht traut und noch etwas länger warten möchte, der könnte einen Alarm im aktien.guide stellen. Beispielsweise bei einem EV/Sales Ratio von 8. Dann könnte die Adobe Aktie wirklich ein Schnäppchen sein, sofern sich die Wachstumsaussichten nicht verschlechtert haben.

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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Adobe besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.


Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.