Adobe Aktienanalyse: Mega-Übernahme Figma als Belastungsfaktor

17.11.2022 | Frank Seehawer

Adobe Aktienanalyse

Adobe gehört nicht nur zu den spannendsten Wachstumsaktien des letzten Jahrzehnts, sondern befindet sich auch auf der Watchlist zahlreicher aktien.guide User. Konkret belegt die Adobe-Aktie (ISIN: US00724F1012) Platz neun der beliebtesten Aktien unserer Community.

Der Softwareproduzent von digitalen Marketing- und Medien-Lösungen verfolgt seit Jahren einen stringenten Wachstumskurs. Das zuletzt schwächere Wachstum sowie der Tech-Ausverkauf im Allgemeinen führten zu einem starken Verfall des Aktienkurses. Über ein Jahr gesehen verlor die Adobe-Aktie mehr als die Hälfte ihres Wertes.

Adobe Aktienkurs

Quelle: Adobe Aktienkurs

Mittlerweile scheint sich jedoch ein Boden gefunden zu haben. Ob die Aktie aktuell ein Kauf sein kann und wie die letzten Quartalszahlen ausgefallen sind, das soll der nachfolgende Quick-Check der Adobe-Aktie behandeln.


Geschäftsmodell: Was macht Adobe?

Die Adobe-Aktie findet man regelmäßig auf der Topscorer-Liste der HGI-Strategie wieder. Aufgrund der Größe des Unternehmens (Marktkapitalisierung: 158 Milliarden US-Dollar) sowie der spannenden Wachstumsstrategie haben wir bereits mehrfach über die Adobe Aktie berichtet – zuletzt im September 2022.

Zusammengefasst handelt es sich bei Adobe um den führenden Anbieter von Software für Mediengestalter. Das erste Erfolgsprodukt des in Mountain View (Kalifornien) ansässigen Cloud-Anbieters für Grafiksoftware ist auf das plattformunabhängige Dateiformat PDF zurückzuführen.

Seit 1990 kaufte das Unternehmen zudem 55 Unternehmen hinzu. Zusammen mit den Eigenentwicklungen wurde so ein bedeutendes Ökosystem im Bereich von Grafiksoftware und Marketingtools für Publisher aufgebaut, das massiv von der Content-Explosion im Internet profitiert.


Die letzten Adobe Quartalszahlen September 2022

Die letzten Quartalszahlen fielen ernüchternd aus. Hier wurde der Umsatz für das dritte Quartal um 11 Prozent auf 4,4 Milliarden US-Dollar gesteigert. Schwächer entwickelte sich die Profitabilität des Softwareunternehmens. Das EBITDA legte mit 2 Prozent auf 1,7 Milliarden US-Dollar deutlich schwächer zu als der Umsatz, während das operative Ergebnis (EBIT) leicht rückläufig war. Der Nettogewinn verringerte sich um 6 Prozent auf 1,1 Milliarden US-Dollar.

Adobe Finanzdaten

Quelle: Adobe Finanzdaten

Angesichts des starken Wachstums des Vorjahres mit deutlich zweistelligen Wachstumsraten und einer überproportionalen Ergebnissteigerung, können diese Quartalszahlen in gewisser Weise als enttäuschend ausgelegt werden. Und so reagierten die Anleger auch, denn die Adobe-Aktie verlor am Tag der Veröffentlichung fast 17 Prozent.


Adobe-Aktie Prognose 2022

Was an den Quartalszahlen Quartalszahlen so enttäuschend war, ist nicht nur das schwache Wachstum auf Konzernebene. So erwartet das Management-Team für das vierte Quartal 2022 Gesamtumsätze von 4,52 Milliarden US-Dollar. Gemessen an den in den ersten neun Monaten 2022 erreichten Umsatzzahlen von 13 Milliarden US-Dollar würde dies einem erwarteten Jahresumsatz von 17,5 Milliarden US-Dollar bedeuten. Der Wert entspricht noch weitestgehend der Prognose des Vorquartals.

Alle Unternehmensbereiche sollen dabei im Schlussquartal zwischen 10 und 13 Prozent zulegen. Ein EPS (Gewinn je Aktie einfach erklärt) von 2,44 US-Dollar ist für das vierte Quartal 2022 prognostiziert. Zusammen mit den bisher erreichten 7,60 US-Dollar je Aktie in den ersten neun Monaten könnte ein EPS auf Jahressicht von 10,04 US-Dollar realistisch sein. Der Wert blieb sogar noch oberhalb der bisherigen Prognose. Aus fundamentaler Sicht enttäuschte Adobe somit nicht, auch wenn das Wachstum schwach ist und der starke US-Dollar sich als zunehmende Belastung entpuppt.


Figma Übernahme

Der eigentliche Grund für den starken Abverkauf der Aktie war die mit der Veröffentlichung der Quartalszahlen verkündete Übernahme von Figma, einem Web-Design-Spezialisten. Adobe legte 20 Milliarden US-Dollar für das Design-Unternehmen auf den Tisch, dessen wiederkehrende Umsätze im laufenden Jahr bei gerade einmal 400 Millionen US-Dollar erwartet werden – ein stolzer Preis in einer Marktphase, in der die Preise für Wachstumsunternehmen geradezu in den Keller rauschen.


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Wie attraktiv ist die Adobe-Aktie?

Vom Geschäftsmodell her bleibt Adobe eine interessante Wachstumsaktie. Kritisieren dürfte man hier den hohen Anteil des anorganischen Wachstums. Er steht für erhöhte Risiken und zeigt, dass das Wachstum verzerrt ist. Gleichzeitig entstehen vermehrt Risiken, denn die Unternehmen werden zu saftigen Aufpreisen in der Adobe-Bilanz konsolidiert. Mittlerweile belaufen sich die immateriellen Vermögensgegenstände (die hauptsächlich aus Goodwill/Firmenwert bestehen) auf 14,5 Milliarden US-Dollar, was mehr als die Hälfte der Bilanzsumme entspricht. Die Figma-Übernahme erhöht den Goodwill weiter.

Adobe Aktie immaterielle Vermögensgegenstände

Quelle: Adobe Aktie immaterielle Vermögensgegenstände

Sollten sich die übernommenen Unternehmen nicht so entwickeln wie geplant, könnten Abschreibungen auf Firmenwerte drohen, die das Eigenkapital und das Ergebnis mindern. Bislang ist von diesem Szenario nicht auszugehen. Der Cloud-Spezialist für Grafiksoftware und Marketingtools wächst unaufhaltsam und profitiert von dem stark zunehmenden Content im Netz.

Mit einem Umsatzmultiplikator von 9 ist das Unternehmen mittlerweile nicht mehr ganz so hoch bewertet wie zum Ende des letzten Jahres, an dem man noch das Zwanzigfache für den Umsatz des Unternehmens auf den Tisch legen musste. Gleichzeitig wurde mit den letzten Quartalszahlen ein weiterhin schwaches Wachstum abgeliefert. Zusammen mit der hohen Quote von Übernahmen ist die Aktie als High-Growth-Investment unattraktiv.

Für langfristige Anleger bleibt Adobe dennoch attraktiv. In seiner Nische hat sich Adobe einen unglaublichen Burggraben aufgebaut, auch wenn andere Unternehmen wie CANVA sich im Windschatten recht gut entwickeln.

Adobe Bewertungen

Quelle: Adobe Bewertungen

Gemessen an dem Free-Cashflow-Multiplikator von 22 ist Adobe alles andere als teuer. Das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis beläuft sich auf knapp 34.

Adobe Aktie Analysen

Quelle: Adobe Aktie Analysen

In unseren Strategieanalysen kommt die Adobe-Aktie lediglich bei der HGI-Strategie zu einem Kaufen-Urteil. Durchwachsen fällt auch das Urteil der Analysten aus. Rund die Hälfte empfiehlt die Aktie zum Kauf, während die andere Hälfte zu einem Halten rät. Kein Analyst rät zum Verkauf. Die Meinungen über die Adobe Aktie sind somit recht positiv.

Wer eine weitere Bodenbildung der Adobe-Aktie abwarten möchte, der könnte auf ein Signal aus der Levermann-Strategie warten und hier einen Alarm von vier setzen. Ab diesem Wert wird die Aktie in der Levermann-Strategie als Kauf gewertet.


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Der Autor und/oder mit dem aktien.guide verbundene Personen oder Unternehmen besitzen oder können Anteile von Adobe besitzen. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.


Autor: Frank Seehawer

Frank Seehawer ist mehrere Jahre als Investor Relations Manager und Wertpapieranalyst tätig gewesen. Als graduierter Ökonom beschäftigt er sich schon seit über 20 Jahren mit den Aktienmärkten im In- und Ausland. Sein Fachwissen über Aktien teilt er als freier Autor unter anderem mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.